Aleph Null im Test: Das Solo-Brettspiel für Dämonenbeschwörer

Kurz vor der SPIEL 2022 kündigte Frosted Games das neue Solo-Spiel Aleph Null an. Jetzt steht das Kartenspiel bereits zum Preis von 20€ im Handel.
Brettspiele ganz alleine spielen? Was vor vielen Jahren noch als fast undenkbar galt, gehört im Jahr 2022 schon beinahe zum guten Ton. Die Corona-Pandemie hat sich auf diese Entwicklung sicherlich wie ein Brandbeschleuniger ausgewirkt, so dass immer mehr Brettspiele mit einem Solo-Modus ausgeliefert werden. Reine Einzelspieler-Titel sind allerdings selbst heutzutage noch eher eine Seltenheit. Beim Berliner Brettspielverlag Frosted Games hat man das Potenzial des Solospiels allerdings schon länger erkannt. Spiele wie Lux Aeterna, Nemo’s War oder Der Unterhändler richten sich ausschließlich an den Solospieler und fanden sowohl bei Konsumenten als auch bei Kritikern viel Zuspruch. So ist es wenig verwunderlich, dass der Verlag seine Reihe mit Solo-Titeln fortführt und auch zur SPIEL 2022 wieder ein neues reines Einzelspieler-Erlebnis veröffentlicht hat. In Aleph Null schlüpft ihr in die Rolle eines Dämonenbeschwörers, der den mächtigen Baphomet ins Diesseits befördern möchte. Leider ist das Beschwörungsritual nicht ganz ungefährlich…
Dämonenbeschwörung für Fortgeschrittene in Aleph Null
Aleph Null malt ein ziemlich düsteres Szenario, bei dem die Tücken der Dämonenbeschwörung im Vordergrund stehen. Wer sich erhofft, locker durch den Ritualprozess zu spazieren, ist bei der Frosted-Games-Neuheit völlig an der falschen Adresse. Das Spiel ist bockschwer, stellenweise sehr frustrierend und spiegelt euch immer wieder, was ihr doch für ein lausiger Dämonenbeschwörer seid. Wenn euch das nicht abschreckt, wartet ein ziemlich stimmungsvolles Spielerlebnis auf euch.

Das fängt schon bei der Gestaltung des Spielmaterials an. Absolutes Highlight ist dabei die wunderschöne Buchablage aus Holz, auf dem ihr euer Grimoire zur Beschwörung des Dämons ausbreitet. Das Zauberbuch fungiert als eine Art Rundenzähler und leitet euch ziemlich atmosphärisch durch die Partie. In jeder Spielrunde wendet ihr das Buch auf die nächste Seite, auf der euch ein paar kleine Anweisungen gegeben werden. Mit jeder Seite bricht eine neue Stunde im Spielverlauf an und der Druck auf euch steigt. Die Uhr sitzt euch ständig im Nacken.
Aleph Null fordert viele Opfer
Wurde Baphomet vor Ablauf der sechsten Stunde nicht erfolgreich beschworen, habt ihr die Partie verloren. Doch selbst wenn euch das Ritual gelingt, ist das noch lange keine Garantie für einen glorreichen Sieg. Sämtliche Karten, die sich bei Abschluss der Partie noch in irgendeiner Art und Weise im Spiel befinden, werden vom mächtigen Baphomet gnadenlos abgestraft. Daher wird es eine eurer Hauptaufgaben sein, das Kartendeck möglichst vollständig zu entsorgen.

Karten entsorgen, das ist in Aleph Null eine eher relative Geschichte. Es klingt zunächst ein wenig verwirrend, denn das Spiel kennt insgesamt fünf Zonen, in denen sich die Karten befinden können: im Deck, auf der Hand, vor euch ausliegend im Spiel, im Ablage- und im Opferstapel. Um die Karten endgültig aus dem Spiel zu eliminieren, sollten sie natürlich auf dem Letztgenannten landen. Das effektive Zusammenspiel der zur Verfügung stehenden Karten steht dabei im Vordergrund.
Name des Spiels | Aleph Null |
Spielerzahl | 1 Person |
Altersempfehlung | ab 12 Jahren |
Spieldauer | 20 Minuten |
Autor | Tony Boydell, Alex Lee |
Verlag | Frosted Games |
Preis | ca. 20€ |
Ständige Kartenrotation bei Aleph Null
Das Kartendeck besteht in Aleph Null zunächst aus 28 Spielkarten. Fünf Karten habt ihr zu Beginn jedes Zuges auf der Hand. Gerade bei Spielbeginn ist es hilfreich, die ersten Karten schnell ins Spiel zu bringen und vor euch auszulegen. Ausgespielte Karten geben euch den Zugriff auf unterschiedliche Effekte, mit denen ihr euren Spielfortschritt vorantreiben könnt. Wollt ihr eine Karte ins Spiel bringen, müsst ihr in vielen Fällen jedoch erstmal die notwendige magische Kraft aufbringen. Um diese magische Kraft zu generieren, reicht es jedoch nicht eine Karte zu erschöpfen, die euch dann im nächsten Zug wieder zur Verfügung steht.

Energiequellen müssen in aller Regel auf den Ablagestapel gelegt werden, um ihre Kraft freizusetzen. Mit der gewonnenen Energie lassen sich nun wiederum andere Karten ausspielen. So entsteht eine starke Rotation der Karten, bei der viele Spielkarten regelmäßig auf eure Hand zurückkehren. Zug für Zug nehmt ihr wieder fünf neue Karten vom Nachziehstapel auf die Hand. Sobald dieser geleert wurde, wird der Ablagestapel kurzerhand gemischt und als neues Deck bereitgestellt. Auf diese Weise arbeitet ihr euch mehrfach durch den kompletten Kartenstapel… oder zumindest durch das, was davon noch übriggeblieben ist.
Aleph Null setzt euch unter Zeitdruck
Die Kartenrotation kann natürlich nicht bis Unendliche strapaziert werden. Sobald der Ablagestapel als neues Deck ins Spiel zurückgebracht wird, rückt die Uhr um eine Stunde nach vorne. Jetzt ist die Zeit gekommen, im Zauberbuch eine Seite weiterzublättern. Häufig wirft euch das Spiel an dieser Stelle noch eine weitere kleine Schikane vor die Füße. Eine zusätzliche Beeinträchtigungskarte muss in den Nachziehstapel eingemischt werden. Wenn diese irgendwann auf eurer Hand landet, müsst ihr euch mit dieser umgehend befassen. Bevor weitere Karten ausgespielt werden dürfen, muss erst die Beeinträchtigungskarte beschworen werden, was unter Umständen schon ziemlich lästig sein kann.

Vor allem dürft ihr dabei euer eigentliches Ziel, die Beschwörung des Dämonen Baphomet, nicht aus den Augen verlieren. Beschwören lässt sich Baphomet allerdings nur, wenn sich bereits drei Gegenstände in der Auslage befinden. Ohne das Buch des Paktes, den Zauberstab der Macht und den Großen Beschwörungskreis weigert sich der Dämon beharrlich in Erscheinung zu treten. Bis die benötigten Gegenstände tatsächlich vor euch liegen, kann es schon eine Zeit dauern, da auch ihre Beschwörung an einige besondere Bedingungen geknüpft ist. Ziemlich knifflig!
Erfolgreiche Dämonenbeschwörung bei Aleph Null
Ist euch das Ritual wirklich gelungen, heißt das aber noch lange nicht, dass ihr das Spiel auch gewonnen habt. Baphomet zeigt seine Launen und reißt euch nach Belieben in Stücke, wenn ihr die Zeremonie nicht genau nach seinen Vorstellungen gestaltet habt. Ihr habt noch Karten im Deck, auf der Hand oder im Ablagestapel? In den Augen des Dämons ist das ein absolutes No-Go, der euch direkt das Lebenslicht ausknipst. Partie leider verloren! Nur wenn ihr auch diese Bedingungen erfüllt habt, dürft ihr euch überhaupt erst an die Punkteauswertung begeben. Schafft ihr es nun auf mindestens null Punkte, lässt euch Baphomet zumindest am Leben. Gut gemacht!

Eine Partie dauert in der Regel nicht sonderlich lange. Rund zwanzig Minuten müssen für einen Durchlauf eingeplant werden. Da lässt es sich auch verschmerzen, dass man zunächst ständig die Beschwörungszeremonie regelmäßig in den Sand setzt. Fortgeschrittene Dämonenbeschwörer können den Schwierigkeitsgrad gerne noch nach oben schrauben, indem zusätzliche oder härtete Beeinträchtigungen hinzugenommen werden.
Aleph Null ist als reines Solospieler-Erlebnis konzipiert, der Verlag hat eine Altersempfehlung ab zwölf Jahren angegeben. Ihr findet das Spiel ab sofort zum Preis von knapp 20€ im Handel.
Fazit: Unser Ritualmeister hat für Aleph Null diese höllisch-gute ingame-Testwertung beschworen.

Gleich eines vorweg… wer sich erhofft, stressfrei und easy-peasy mit Aleph Null einen angenehmen Abend zu verbringen, dem sei gesagt: Finger weg von diesem Spiel. Zwar lässt sich der Schwierigkeitsgrad mit Hilfe der Beeinträchtigungskarten variieren, allerdings pendelt dieser eher zwischen den Stufen schwer und sauschwer. Ohne eine echt gute Kenntnis der einzelnen Karten werdet ihr bei Aleph Null keinen Blumentopf gewinnen. Aber man lernt eben auch dazu. Nach den ersten Partien liegt der Sieg noch meilenweit entfernt, doch irgendwann kommt man der erfolgreichen Beschwörung Baphomets immer näher. Das Gefühl, vor einer unlösbaren Aufgabe zu stehen, weicht zunehmend und wird durch den Ehrgeiz ersetzt, dieses gottverdammte Spiel endlich in die Knie zu zwingen. Bei der Überbrückung der Durststrecke hilft sicherlich auch das tolle Spielmaterial mit seinen schönen übergroßen Karten und der tollen Holzauflage für das Grimoire. Wer die Anfangshürde einmal überstanden hat, darf sich auf ein herausforderndes flottes Kartenspiel mit einem sehr speziellen Thema freuen. Bei mir hatte Aleph Null binnen weniger Tage jedenfalls bereits erschreckend viele Spielstunden auf der Uhr angesammelt… und das obwohl sich die Neuheiten von der SPIEL in Essen noch zu Hause türmen. Aus einem „ich guck‘ nur mal schnell rein“ ist offenbar eine etwas umfangreichere Angelegenheit geworden.
Pro | Con |
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+ tolles Spielmaterial | - hat riesiges Frustpotenzial |
+ kompaktes Regelwerk für den schnellen Einstieg | - erfordert Einarbeitungszeit |
+ frisches Thema | |
+ bietet große Herausforderung für Solospieler | |
+ weckt enormen Ehrgeiz | |
+ verschiedene Schwierigkeitsgrade |