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Carrossel im Test: Ein Puzzlespiel zum Durchdrehen

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Von: Sebastian Hamers

Im weiteren Spielverlauf wird die Lage zunehmend unübersichtlich. Mit vorausschauender Planung sorgt ihr für viele Siegpunkte.
Im weiteren Spielverlauf wird die Lage zunehmend unübersichtlich. Mit vorausschauender Planung sorgt ihr für viele Siegpunkte. © Ingame/Sebastian Hamers

Carrossel setzt auf ein rotierendes Spielbrett und sorgt damit für eine herausfordernde Puzzlemechanik.

Es braucht schon eine Menge Einfallsreichtum, um die vielen total übersättigten Spieler noch zu überraschen. Sowohl thematisch als auch spielerisch wurde schon so ziemlich alles abgegrast, was man sich als Spieler vorzustellen vermag. Ab und an gelingt es den Spielemachern dann aber doch noch, uns mit einem gewagten Experiment zu überraschen. Solche Geistesblitze entstehen meist nicht bei den Big Playern im Geschäft, sondern bei den kleinen Indie-Studios, die mit viel Kreativkraft an innovativen Spielen arbeiten. Der portugiesische Verlag Mebo etwa hat sich mit Carrossel an ein ganz besonderes Projekt gewagt. Als Betreiber eines Kirmes-Karussells spielt ihr rund um ein rotierendes Spielbrett und versucht dabei möglichst viele Besucher auf euer Fahrgeschäft zu locken.

Optisch macht Carrossel einiges her. Bevor ihr mit dem Spiel loslegt, müsst ihr zunächst einmal das Karussell mit ein paar Handgriffen aufbauen. Vor euch liegt nun eine funktionsfähige Drehscheibe, die im Spielverlauf mit fantasievollen Fahrgelegenheiten bestückt werden soll. Bei Spielbeginn sieht das Karussell noch ein wenig trostlos aus, entwickelt sich aber schon bald zu einer echten Kirmes-Attraktion, die eure Kassen klingeln lässt. Ihr spielt Carrossel allerdings nicht kooperativ, obwohl ihr das Fahrgeschäft gemeinsam betreibt.

Carrosell im Test: Wettstreit unter Geschwistern

Als Geschwister habt ihr das Karussell zusammen geerbt. Da sich so ein Karussell nicht gut teilen lässt, habt ihr einen Wettstreit vereinbart, bei dem der Sieger das gesamte Karussell gewinnt. Wer mit seinen Karussell-Tieren die meisten Kunden anlockt, wird zum Sieger des Wettstreits erklärt. Die Ausgangssituation ist für alle Geschwister gleich. Jeder erhält die gleiche Anzahl von Tigern, Fischen, Schwänen, Pferden und Drachen. Eure Kunden sollen ihre Karussellfahrt auf diesen Figuren genießen. Doch leider ist die zahlende Kundschaft bei der Auswahl der Fahrgelegenheiten ziemlich wählerisch.

Das rotierende Spielbrett von Carrossel ist ein echter Hingucker.
Das rotierende Spielbrett von Carrossel ist ein echter Hingucker. © Ingame/Sebastian Hamers

In Carrossel bedient ihr den Karussell-Abschnitt, der direkt vor euch liegt. In der laufenden Runde dürft ihr nur dort eine Karussell-Figur platzieren. Die Plätze, auf denen ihr eure Tiere aufstellen könnt, sind auf der Drehscheibe nummeriert. Bei Rundenbeginn legt ihr zunächst verdeckt ein Tierplättchen und eine Nummernkarten vor euch ab. Haben sich alle Spieler für eine Kombination entschieden, wird aufgedeckt und die Tiere werden auf dem gewählten Platz abgestellt.

Das Karussell füllt sich mit Figuren

Eure Wahl sollte gut überlegt sein. Schließlich habt ihr nur eine begrenzte Anzahl an Tigern, Fischen & Co. Auch die gespielte Nummernkarte wandert zunächst auf den Ablagestapel. Im weiteren Verlauf des Spiels könnt ihr also vorläufig kein weiteres Feld mit dieser Ziffer mehr mit euren Figuren bestücken. Nachdem alle Spieler ihr Tier-Plättchen auf das Karussell gesetzt haben, wird die Scheibe gedreht. Vor euch liegt nun ein neuer Abschnitt des Karussells und es entstehen neue Möglichkeiten, eure Tiere zum Einsatz zu bringen.

Hinter dem Sichtschirm bunkert ihr eure noch verfügbaren Plättchen.
Hinter dem Sichtschirm bunkert ihr eure noch verfügbaren Plättchen. © Ingame/Sebastian Hamers

Zu Beginn des Spiels reagieren die Kunden noch ziemlich verhalten auf euer Fahrgeschäft. Die wenigen Sitzplätze, die eure Figuren gerade bieten, locken noch niemanden auf das Karussell. Hat sich die Drehscheibe aber schon etwas gefüllt, werden auch die ersten Kunden freudig aufsteigen und eure Arbeit mit klingender Münze bezahlen. Die Kirmes-Kunden sind jedoch ein wenig speziell. Sie kommen in Dreier-Gruppen daher und scheinbar haben sie es sich in den Kopf gesetzt, ihre Fahrt auch gemeinsam mit direkt benachbarten Sitzplätzen anzutreten.

Alltag in Carrossel: Wählerische Kirmes-Kunden

Klingt erstmal gar nicht so kompliziert? Zum Leidwesen der Fahrgeschäft-Betreiber will jeder Kunde aber auch noch auf einem ganz speziellen Tier reiten. Der erste Fahrgast möchte auf einem Tiger sitzen, der nächste auf einem Schwan, der andere dann wiederum auf einem Fisch. Aufgestiegen wird erst, wenn die drei passenden Tiere direkt nebeneinanderliegen und natürlich auch noch frei sind. Das macht die Besetzung des Karussells mit Fahrgästen doch schon gleich viel beschwerlicher.

Mit den Nummernkarten legt ihr fest, auf welchem Platz ihr eure nächste Figur aufstellt.
Mit den Nummernkarten legt ihr fest, auf welchem Platz ihr eure nächste Figur aufstellt. © Ingame/Sebastian Hamers

Immerhin ist es den Kunden egal, ob sich ihre gewünschten Tiere senkrecht oder waagerecht benachbart zueinander befinden. Diagonale oder L-förmige Anordnungen sind für die verwöhnten Kirmesbesucher aber selbstverständlich absolute No-Gos. Glücklicherweise habt ihr aber noch einen ganz besonderen Trumpf in der Hand. Jeder Spieler hat zwei besonders coole Drachen in seinem Repertoire. Auf einem Drachen möchte natürlich jeder gerne sitzen, so dass der Drache als Joker gewertet wird. Sehr praktisch!

Carrossel im Test: Kundenandrang vor den Kassenhäuschen

Die Kunden bauen sich in ihren Dreier-Gruppen an unterschiedlichen Stellen des Karussells auf. Jeder Spieler bekommt ein eigenes Kassenhäuschen. Dieser dient als Sichtschirm hinter dem ihr euer noch verfügbares Material versteckt. Vor dem Kassenhäuschen warten bereits die drei Kunden. Sie werden zufällig durch Karten ermittelt. Die Karte zeigt an, auf welchem Tier der Kunde sitzen möchte und auch wie viele Siegpunkte er euch einbringt. Auf jede Karte wird noch eine passende Aufstellfigur platziert, die später auch in das Karussell gestellt wird.

Langsam füllt sich das Karussell mit fantasievollen Figuren.
Langsam füllt sich das Karussell mit fantasievollen Figuren. © Ingame/Sebastian Hamers

Die Kunden, die vor eurer Kasse warten, sind allerdings nicht für euch reserviert. Steigt ein Kunde auf eine Karussell-Figur eines Mitspielers auf, steckt der sich auch das Fahrgeld ein. Da sich das Karussell in jeder Runde um eine Position nach vorne bewegt, verteilen sich eure Figuren im gesamten Fahrgeschäft umher. Oft werden die Siegpunkte einer Dreier-Gruppe aufgeteilt. Es kommt eher selten vor, dass ihr die Punkte für alle drei Kunden auf einmal kassiert.

Karusselltiere mit Special Actions

Steigt ein Kunde auf eines eurer Tierfiguren auf, dürft ihr die dazugehörige Karte nehmen. Sie bringt euch am Spielende Siegpunkte ein. Jede Karte verfügt außerdem über eine besondere Fähigkeit, die ihr einmalig verwenden könnt. Mit ihnen könnt ihr eure Figuren mit etwas mehr Spielraum aufbauen, dürft einzelne Kunden direkt auf eure Tiere setzen und euch sogar schon verwendete Karten wieder zurückholen. Gerade die letzte Aktion ist auch dringend notwendig, damit ihr beim Platzieren der Tiere wieder mehr Auswahlmöglichkeiten habt. Mit allen Nummernkarten auf der Hand spielt es sich gleich viel entspannter.

Die ersten Kunden haben in unserem Fahrgeschäft platzgenommen.
Die ersten Kunden haben in unserem Fahrgeschäft platzgenommen. © Ingame/Sebastian Hamers

Besonders hilfreich ist auch die Sonderfähigkeit, die euch das Entfernen von Kunden aus dem Karussell erlaubt. Alle Kunden, die eines eurer Tiere besetzen, steigen aus dem Karussell aus. Eure Tierfiguren werden wieder frei und können somit neue Kunden aufnehmen und euch so natürlich auch wieder jede Menge Punkte einbringen. Ein Sonderfall ist noch der besonders engstirnige Kunde, der unbedingt auf einem Drachen reiten möchte. Sobald sich dieser vor einem Kassenhäuschen anstellt, dreht sich das Karussell ab sofort in die andere Richtung.

Carrossel bietet Sonderziele für Karussellbauer

Die meisten Siegpunkte erarbeitet ihr euch über das Anlocken von Kunden. Ein paar Bonuspunkte gibt es aber auch, wenn ihr bestimmte Vorgaben beachtet. Vor dem Spiel werden vier Zielkarten offengelegt. Über sie könnt ihr zusätzliche Siegpunkte erhalten, wenn ihr bestimmte Sets von Kunden sammelt oder aber das Karussell mit drei eigenen Tieren in einer besonderen Anordnung ins Karussell stellt.

Im weiteren Spielverlauf wird die Lage zunehmend unübersichtlich. Mit vorausschauender Planung sorgt ihr für viele Siegpunkte.
Im weiteren Spielverlauf wird die Lage zunehmend unübersichtlich. Mit vorausschauender Planung sorgt ihr für viele Siegpunkte. © Ingame/Sebastian Hamers

Das Spiel endet, sobald ein Spieler keine Aktion mehr durchführen kann. Dies kann etwa geschehen, wenn ihr mangels passender Nummernkarte kein Tier mehr im Bereich vor euch aufstellen könnt. Alternativ wird die Partie beendet, wenn euch die Tierplättchen oder die Karten mit den Kunden ausgehen.

Carrossel ist ein flottes Familienspiel für zwei bis vier Spieler ab acht Jahren. Eine Partie dauert rund eine halbe Stunde. Im deutschsprachigen Raum wird das Spiel über Heidelbär Games vertrieben und steht inzwischen zum Preis von etwa 40-45€ im Handel oder direkt im Shop von Heidelbär Games.

Fazit: Auf dem Wertungskarussell erhält Carrossel die folgende Testwertung

Carrossel im Test. Starke Wertungs für das rotierende Brettspiel.
Carrossel im Test. Starke Wertungs für das rotierende Brettspiel. © Ingame

Um am Ende des Spiels das Karussell im Wettstreit mit seinen Geschwistern zu gewinnen, braucht ihr schon eine gute Stange Glück. Ihr habt es nicht in der Hand, welche Kunden sich gerade vor euren Kassenhäuschen drängeln und im folgenden Zug auf das Karussell aufspringen. Doch Carrossel ist kein reines Glücksspiel. Zumindest kurzfristig könnt ihr mit geschickter Planung schon einiges bewegen. Die aktuellen Warteschlangen sind transparent. Habt ihr die Kundenwünsche an den einzelnen Kassenhäuschen gut im Blick, könnt ihr bei guter Vorausplanung, der Konkurrenz den ein oder anderen Fahrgast vor der Nase wegschnappen. Bei dieser Planung müsst ihr auch immer die Tierplättchen der Mitspieler in eure Überlegungen mit einbeziehen. Manchmal lohnt es sich, einem Rivalen den Punkt zu gönnen, wenn ihr im gleichen Augenblick eine noch viel größere Ausbeute macht. Weitere taktische Winkelzüge erlauben euch die Sonderfähigkeiten der Karten. Setzt ihr die Fähigkeiten geschickt ein, lässt sich so mancher zusätzliche Kunde gewinnen. Mit seinen einfachen Regeln, der kurzen Spieldauer und dem sehr dynamischen Spielverlauf lässt sich Carrossel auch gut auf den Tisch bringen, wenn weniger spielaffine Leute in der Gruppe sind. Auch die rotierende Spielscheibe sorgt für ein sehr belebendes Element. All diese Punkte empfehlen Carrossel als tolles Spiel für Einsteiger. Im späteren Spielverlauf wird Carrossel allerdings doch etwas komplexer. Ihr müsst vorausschauend planen und versuchen, die Züge der Mitspieler zu erahnen. Das Zusammenfügen des Puzzles erweist sich dann doch etwas kniffliger, als es zunächst den Anschein macht und gerade das rotierende Spielfeld stellt dann für unerfahrene Spieler vielleicht eine Überforderung dar. Als Vielspieler hat mir Carrossel gut gefallen. Die innovative Mechanik ist erfrischend, das Thema ist noch vergleichsweise unverbraucht und von anspruchsvollen Puzzlespielen kann ich eigentlich nie genug bekommen.

ProsCons
+ hohe Interaktion- wird schnell unübersichtlich
+ rotierendes Spielbrett
+ einfache Regeln
+ unverbrauchtes Thema
+ innovative Mechanik

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