Istanbul – Choose & Write im Test: Neue Variante des modernen Brettspiel-Klassikers

Nach diversen Erweiterungen, einer Big Box und einer Würfelspiel-Variante steht mit Istanbul: Choose & Write ein neues Spiel aus der Familie parat.
Für Pegasusspiele ist Rüdiger Dorns Istanbul zu einem echten Longseller geworden. Das Kennerspiel des Jahres gehört zu den Dauerbrennern des Verlags und hat bereits einige Abenteuer erfolgreich gemeistert. Das Hauptspiel zog diverse Erweiterungen nach sich, die Big Box steht ebenfalls bereits seit geraumer Zeit im Handel und eine Würfelspiel-Variante machte Istanbul mit seinen leichteren Regeln nochmals einem breiteren Publikum zugänglich. Doch selbst nach dieser stattlichen Anzahl von Iterationen hat die Marke Istanbul noch längst nicht ausgedient. Zu Jahresbeginn 2023 verschlägt es uns einmal mehr in die türkische Metropole, die diesmal Papier und Bleistift in den Mittelpunkt des Spielablaufs stellt. Istanbul: Choose & Write verzichtet komplett auf ein klassisches Spielbrett, sondern möchte das Spielgefühl des modernen Klassikers lediglich mit Ankreuzbogen und Spielkarten darstellen.
Istanbul: Choose & Write – Warenhandel am Bosporus
Wer bereits einige Erfahrungen mit der Istanbul-Reihe gesammelt hat, wird im „Choose & Write“-Ableger schnell auf viele bekannte Elemente stoßen. Die Rubine etwa sind noch immer die wichtigste Ressource im Spiel. Wer zuerst zehn von den begehrten Klunkern ergattern kann, wird zum Gewinner der Partie gekürt. Leider müsst ihr euch diese auch am härtesten erarbeiten. Oft funktioniert das nur über langwierige Umwege. Als geschickte Händler jongliert ihr mit diversen Waren, erarbeitet euch immer mehr Lira und erweist selbstverständlich auch dem Sultan eure Ehrerweisung.

Im Spiel agiert ihr dabei überwiegend mit diversen Ortskarten. Eine davon haltet ihr verdeckt auf der Hand, zwei weitere befinden sich in einer offenen Auslage. Im eigenen Zug wählt ihr eine dieser drei Karten und verwendet die dazugehörige Aktion. Auf diese Weise macht ihr Bekanntschaft mit zahlreichen Schauplätzen aus dem Istanbul-Universum. Karawanserei, Teestube, Kaffeerösterei und einige Orte mehr findet ihr allerdings nicht nur in Kartenform wieder. Sie befinden sich ebenfalls auf eurem persönlichen Ankreuzblock.
Name des Spiels | Istanbul: Choose & Write |
Spielerzahl | 1-5 Personen |
Altersempfehlung | ab 8 Jahren |
Spieldauer | 30-45 Minuten |
Autor | Rüdiger Dorn |
Verlag | Pegasusspiele |
Preis | ca. 25€ |
Istanbul: Choose & Write sorgt für orientalisches Flair
Istanbul: Choose & Write greift eine beliebte Mechanik auf, die in vielen Brettspielen mit Ankreuzblock vertreten ist. Es darf nicht nur der Spieler aktiv werden, der gerade am Zug ist, sondern auch alle seine Mitspieler. Wer als passiver Händler die gespielte Aktion verwenden möchte, muss sich auf seinem Block dafür allerdings eine zuvor freigespielte Bonusaktion abstreichen. Auf den einzelnen Orten befinden sich ebenfalls bereits einige dieser Aktionen, diese lassen sich allerdings nur für passgenau für den jeweiligen Ort verwenden. Die Zusatzaktionen sollten mit Bedacht eingesetzt werden, schließlich stehen euch nicht unbegrenzt viele davon zur Verfügung.

Um die Möglichkeiten für die Händler nicht zu stark einzugrenzen, gewährt euch jede Aktionskarte eine gewisse Flexibilität. Statt des gespielten Orts dürft ihr ein direkt benachbartes Gebäude aufsuchen, um die dortige Aktion durchzuführen. Nachdem alle Aktivitäten abgehandelt wurden, darf auch schon der nächste Spieler in der Reihe loslegen und ebenfalls einen Ort ausspielen. Die Partie spielt sich flott und geschmeidig runter, längere Wartezeiten sind selbst in Vollbesetzung mit fünf Händlern nicht zu erwarten.
Aktionsvielfalt in Istanbul: Choose & Write
Gleich vier Orte auf dem Spielblock gewähren euch Zugriff auf unterschiedliche Waren. Zu Spielbeginn erhaltet ihr durch die Ortsaktivierung zwei Waren des gleichen Typs. Durch etwaige freigespielte Verbesserungen lässt sich die Zahl aber sogar auf vier erhöhen. Um diese Upgrades durchführen zu dürfen, stattet ihr der Wagnerei einen Besuch ab. Die Kaffeerösterei stellt hingegen eine Art Gemischtwarenladen dar. Hier staubt ihr zwar immer nur zwei Waren ab, dürft euch allerdings zwei beliebige davon aussuchen.

Weiterhin bietet euch Istanbul diverse Orte an, um den Stand eures Barvermögens zu erhöhen, Lira in Rubine umzuwandeln oder auch wertvolle Waren- und Gildenkarten zu erhalten. Letztere können im eigenen Zug anstelle der Ortskarten gespielt werden. Sie fordern zwar immer die Abgabe von einigen Lira, haben dafür aber besonders mächtige Effekte, die zudem von den Mitspielern auch nicht genutzt werden können. Im Wesentlichen handelte es sich hierbei um Abwandlungen der Ortsaktionen zu einem besonders günstigen Kurs oder mit stattlichen Boni.
Die Karawane zieht weiter in Istanbul: Choose & Write
Warenkarten sind ebenfalls ziemlich praktisch. Jede Karte zeigt gleich zwei Waren an, die ganz nach Bedarf eingesetzt werden dürfen. Vorzugsweise im Sultanpalast, denn dort lassen sich unter Abgabe bestimmter Waren schnell ein paar Rubine verdienen. Der Palast befindet sich im Zentrum der Stadt und ist in vier Bereiche aufgeteilt, in jedem lassen sich Waren gegen Rubine eintauschen. Jeder Bereich verlangt jedoch eine andere Kombination von Waren. Im Verlauf des Spiels erhöht sich die Anzahl der abzugebenden Güter ständig, sodass sich die Rubine im Endstadium der Partie hier meist nur noch zu einem sehr hohen Preis erstehen lassen.

Mit den Karawanen kommt noch eine weitere Karten-Kategorie hinzu. Während der Partie liegt immer eine Karawanenkarten offen aus. Sie wird aktiviert, wenn ein Händler den Ort der Karawanserei besucht. Die dort aufgeführten Aktionen versorgen euch etwa mit Lira, Waren, lassen euch Gilden- oder Warenkarten ziehen oder schalten weitere Verbesserungen frei. Einmal durchgeführt, zieht die Karawane weiter und eine neue Karte tritt an ihre Stelle.
Wettlauf um die Rubine in Istanbul: Choose & Write
Letztlich dienen alle Waren, Verbesserungen & Co. nur einem Zweck: möglichst schnell die benötigten zehn Rubine zusammensammeln und so die Partie zu gewinnen. Der Besuch der Palastabschnitte stellt dabei eine von vielen Möglichkeiten dar. Weitere Rubine lassen sich direkt über den Ankreuzblock freischalten, indem ihr etwa eine bestimmte Anzahl von Lira oder Waren zusammengetragen habt. Wer mindestens zehn Lira beisammen hat, kann außerdem den Edelsteinhändler besuchen, der euch für diesen Preis ebenfalls einen Rubin verkauft. Weitere Rubine werden über die Gildenkarten ausgeschüttet, die ihre euch aber erstmal verdienen und anschließend auch bezahlen müsst.

Je nach Zahl der Mitspieler dauert die Jagd nach den Rubinen eine halbe bis maximal eine dreiviertel Stunde. Bis zu fünf Händler dürfen sich an einer Partie beteiligen. Wer gerade keine Mitspieler zur Hand hat, darf sogar alleine loslegen und versuchen, insgesamt vierzehn verschiedene Aufgaben zu lösen. Istanbul: Choose & Write steht ab sofort zum Preis von etwa 25€ im Handel.
Fazit: Istanbul – Choose & Write spielt sich flotter und unkomplizierter als die große Schwester und erfeilscht sich so diese rubinenbesetzte ingame-Testwertung.

Istanbul: Choose & Write hat es tatsächlich geschafft, das Flair des großen Brettspiels einzufangen und auf einem Ankreuzblock unterzubringen. Wie gehabt werden Waren erstanden, eingetauscht, verhökert und verschoben. Hier wird etwas abgestrichen, dafür kommt an anderer Stelle etwas Neues hinzu. Im „kleinen“ Istanbul sind alle Dinge ständig im Fluss, ganz genauso wie es in der Marktwirtschaft eben sein sollte. Die Spieltiefe des Brettspiels erreicht die vorliegende Istanbul-Variante zwar nicht ganz, dafür spielt sie sich angenehm flüssig. Lange Wartezeiten auf den eigenen Zug sind nicht zu befürchten, da man oft selbst als passiver Spieler an den Abläufen beteiligt wird. Ähnlich flott geht auch der Spielaufbau vonstatten. Drei Kartenstapel mischen, Spielblöcke verteilen… fertig! Istanbul: Choose & Write lässt sich so praktisch nahezu „out of the box“ spielen. Das Spiel erzeugt außerdem einen intensiven Wettlauf-Charakter. Im Verlauf der Partie äugt ihr ständig auf die Spielblätter der anderen Händler, um deren Rubin-Fortschritt zu checken. Schnelligkeit zahlt sich in Istanbul aus, vor allem in Bezug auf die Nutzung der Palastaktionen. Wer seine Waren frühzeitig beim Sultan abliefert, kann Rubine zu einem deutlichen besseren Kurs erstehen. Am Spielende werden für die Rubine fast schon unverschämte Preise aufgerufen. Spätestens jetzt lohnt es sich, einen Blick auf die alternativen Möglichkeiten zur Aneignung von Rubinen zu werfen. Jetzt gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren. Oftmals endet der Wettlauf in einer engen Kopf-an-Kopf-Entscheidung. Istanbul: Choose & Write ist eine gute Ergänzung der Istanbul-Familie, die sich in Sachen Komplexität irgendwo zwischen dem Original und dem Würfelspiel-Ableger einpendelt.
Pro | Con |
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+ keine langen Wartezeiten | - abwischbare Tableaus wären schön gewesen |
+ schöner Solo-Modus | |
+ intensiver Wettlauf-Charakter | |
+ Spielgefühl des „großen Brettspiels“ bleibt erhalten |