1. ingame
  2. Brettspiele

Living Forest im Test: Schafft es das Brettspiel zum Kennerspiel des Jahres 2022?

Erstellt:

Von: Sebastian Hamers

Living Forest Baum Fluss Wald Natur Verpackung Schachtel Cover Artwork
Living Forest erscheint über Pegasus Spiele und kostet rund 40€. © Pegasus Spiele

Gerade erst im Brettspiel-Handel und schon zum Kennerspiel des Jahres 2022 nominiert… Living Forest von Pegasus Spiele läuft auf der Überholspur.

Das lange Rätselraten hat ein Ende. Die Spiel-des-Jahres-Jury hat die Katze aus dem Sack gelassen und die diesjährigen Nominierten für die prestigeträchtigen Brettspiel-Awards bekanntgegeben. Spiel des Jahres, Kinderspiel des Jahres und Kennerspiel des Jahres… so lauten einmal mehr die Kategorien mit denen die Jury ihre Empfehlungen für Brett- und Kartenspielinteressierte abgeben möchte. Für die Vielspieler ist natürlich vor allem die letztgenannte Preisverleihung von besonderem Interesse. In diesem Jahr mag sich so mancher Spieler allerdings etwas verwundert die Augen reiben. Mit auf der Kennerspiel-Liste steht das kunterbunte Living Forest, das auf seiner Verpackung noch mit einem familienfreundlichen Spielerlebnis wirbt. Die Jury war jedoch offenbar anderer Meinung und spricht den Titel eher erfahrenen Spielern zu. Also, was ist dran an Living Forest? Wir sind dieser Frage auf den Grund gegangen.

Naturgeister löschen den Waldbrand bei Living Forest

In Living Forest stellt ihr Naturgeister dar, die sich gegen die dunklen Mächte des Onibi stemmen. Onibi hat bereits damit begonnen den mystischen Wald in Flammen zu setzten und wird nicht eher ruhen, bis er die Natur in Schutt und Asche gelegt hat. Euer Job ist es natürlich, die Pläne Onibis zu durchkreuzen. Ihr löscht Brände, pflanzt schützende Wälle aus Baumreihen oder versucht Sanki, den altehrwürdigen Wächter des Waldes zu beschwören. 

Living Forest Tiere Karten Auslage Affe Nashorn Spinne Vogel Feuer
Bei Living Forest setzt ihr auf Unterstützung aus der Tierwelt. © Pegasus Spiele

Was sich zunächst nach einem kooperativen Spielerlebnis anhört, stellt sich allerdings als kompetitiver Wettbewerb unter Naturgeistern heraus. Jeder Spieler agiert für sich alleine und versucht möglichst schnell eines von drei Zielen zu erfüllen. Wer bei diesem Wettlauf zuerst über die Ziellinie huscht, gewinnt die Partie. Dabei greift ihr vor allem auf die Fähigkeiten der tierischen Bewohner des Waldes zurück. Sie unterstützen euch im Kampf gegen Onibi und werden bei Living Forest als Spielkarten dargestellt… womit wir auch schon gleich beim Spielmaterial wären.

Living Forest besticht mit hohem Aufforderungscharakter

Bei diesem schlägt der familienfreundliche Charakter sichtbar durch. Die quietschbunten Tierkarten sind einfach zu süß. Und auch sonst hat Living Forest optisch einiges zu bieten. Die Naturgeister kommen als kleine Papp-Figürchen ins Spiel und die Baumplättchen lassen sich komfortabel in stabilen Aufstellern verwalten. Damit kreiert Living Forest eine tolle Tischpräsenz, so dass man gleich richtig Bock aufs Spiel bekommt.

Living Forest Aufsteller Baeume Plaettchen
Die Baumplättchen bei Living Forest werden über die beiliegenden Aufsteller verwaltet. © Pegasus Spiele

Der Ablauf selbst ist in drei Phasen unterteilt. Eine jede Spielrunde beginnt mit der Tierphase, die sich problemlos parallel durchführen lässt. Ihr deckt von eurem persönlichen Stapel nacheinander Tierkarten auf. Der limitierende Faktor dabei sind die Tiere, die nicht sonderlich gut in Gruppen harmonieren: die Einzelgänger. Zwei Einzelgänger in der Tiergruppe sind noch okay, sobald ein dritter Vertreter dieser Gattung aufgedeckt wird, ist allerdings Schluss.

Einzelgänger und Herdentiere bei Living Forest

In der Tierphase wollt ihr so viele Tiere wie möglich aufdecken, da sie euch später Vorteile einbringen. Wird das Ende der Tierphase allerdings durch das Aufdecken von drei Einzelgängern erzwungen, müsst ihr in dieser Runde mit einem Malus leben. Statt der üblichen zwei Aktionen steht euch diesmal eben nur eine zur Verfügung. Wer sein Glück zu sehr herausfordert, landet somit am Spielende möglicherweise nicht auf dem Siegerpodest.

Living Forest Tableau Baeume Tropfen Kreuz Sonne Spirale
Auf dem persönlichen Tableau pflanzt ihr in Living Forest neue Bäume, um den Bränden Einhalt zu gebieten. © Pegasus Spiele

In der zweiten Phase werden nun die Aktionen abgehandelt, von denen es in Living Forest immerhin fünf verschiedene gibt. Wie mächtig die Aktionen sind, hängt von den ausgespielten Tieren ab. Auf jeder Tierkarte befinden sich diverse Symbole mit Zahlenwerten, die ihr am Ende der Tierphase addiert. Je mehr Symbole einer Aktion gesammelt wurden, desto mächtiger fällt diese nun aus. Bei Spielbeginn verfügt jeder Naturgeist über ein identisches Tierkarten-Set. Doch dies wird sich im Verlauf der Partie schnell verändern.

Bei Living Forest helfen die Tiere bei der Brandbekämpfung

Sofern genug Aktionspunkte zusammenkommen, dürft ihr eine Aktion aufwänden, um neue Tiere für euren Kartenstapel zu gewinnen. Im Spiel befindet sich eine offene Auslage, die aus zwölf Tierkarten besteht. Um ein Tier anzulocken, müsst ihr die entsprechenden Symbolpunkte investieren und die aufgeführten Kosten bezahlen. In künftigen Runden kann die Tiergruppe auf ein neues Mitglied zurückgreifen.

Living Forest Flammen Plaettchen Karten Baum Verpackung Schachtel
Die Flammenplättchen stellen die größte Gefahr in Living Forest dar. © Pegasus Spiele

Eine weitere Aktionsmöglichkeit besteht im Löschen von Bränden. Dazu sammelt ihr möglichst viele Wassertropfen-Symbole, mit denen ihr nun die Flammen vom Waldtableau entfernen könnt. Entfernte Flammenplättchen sind in der Lage das Spielende auszulösen. Gelingt es einem Naturgeist mindestens zwölf Flammen zu löschen, endet die Partie am Rundenende. Für einen Naturgeist kann es daher eine Taktik sein, sich auf das Löschen des Waldbrands zu fokussieren.

Baumreihen als Brandschutzmauer bei Living Forest

Ebenfalls kann das Spielende durch die Aktion „Baum pflanzen“ herbeigeführt werden. Mit den passenden Symbolen auf Tierkarten dürft ihr einen Baum erwerben und sofort in die eigene Auslage platzieren. Wie die Tiere, so sind auch die Bäume mit einem „Preisschild“ versehen. Dafür bringen euch die Bäume aber auch sofort handfeste Vorteile. Die Bäume unterstützen die Fähigkeiten der Tiere, indem sie regelmäßig eigene Aktionssymbole zum Gelingen der Mission beitragen. Werden bestimmte Reihen oder Spalten auf dem Spielplan vervollständigt, springen sogar noch ein paar Boni für euch heraus. Stehen insgesamt zwölf verschiedene Baumarten auf dem persönlichen Tableau, wird das Spielende eingeleitet.

Living Forest Feuer Waran Kreuz Magie Fragmente Karten
Die Feuer-Warane könnt ihr in Living Forest mit Magie-Fragmenten bekämpfen. © Pegasus Spiele

Als vierte Aktionsmöglichkeit gibt es noch die Möglichkeit, die eigene Spielfigur in einem Steinkreis weiterzuziehen. Pro passendem Aktionssymbol darf die Figur um ein Feld nach vorne gezogen werden. Das Feld, auf dem der Naturgeist zum Stehen kommt, bestimmt die durchgeführte Aktion. Dies ist auch gleichzeitig die einzige Möglichkeit, eine Aktion doppelt durchzuführen, da ihr bei der Auswahl immer auf zwei verschiedene Aktionen zurückgreifen müsst. Auf diese Weise lassen sich ausgelegte Symbole gleich zweimal aktivieren.

Feuer-Warane machen euch bei Living Forest das Leben schwer

Mit der fünften und letzten Aktionsmöglichkeit sammelt ihr mächtige Magie-Fragmente. Die entsprechenden Symbole tauchen in Living Forest allerdings nur selten auf und sind folglich ziemlich wertvoll. Mit den Fragmenten brecht ihr die Macht des bösen Waldgeists, der euch mit Vorliebe seine Feuer-Warane auf den Hals hetzt. Dabei handelt es sich um Einzelgänger-Karten ohne jede weitere Funktion. Sie verstopfen vor allem euren Kartenstapel. Durch die Abgabe eines Magie-Fragments lässt sich ein Waran wieder aus dem Spiel entfernen.

Living Forest Hund Kroete Hirsch Bueffel Elefant Tierkarten
In Living Forest könnt ihr nur mit Hilfe der Tierwelt bestehen. © Pegasus Spiele

Einen Feuer-Waran habt ihr euch schneller eingehandelt als gedacht. Denn nach Abschluss der Aktionsphase, wird jetzt der böse Onibi aktiv. Zunächst richten die nicht entfernten Flammen ihren Schaden an. Sofern euch eure Tiere nicht die nötigen Wasservorräte geliefert haben, nehmt ihr jetzt einen Feuer-Waran pro noch aktivem Flammenplättchen zu euch. Läuft es ganz schlecht, können so bis zu sieben Warane ins Deck wandern. Wohl dem, der sich zuvor mit ein paar Magie-Fragmenten eingedeckt hat.

Der Living Forest leidet unter den Flammenattacken des Onibi

Doch damit nicht genug. Onibis Zorn auf die Naturgeister ist riesig… vor allem, wenn sie in dieser Runde viele neue Tiere angelockt haben. Für jedes Tier, das neu zu den Kartenstapeln der Naturgeister gekommen ist, wird eine weitere Flamme im Wald entzündet. Haben die Geister ähnliche Pläne, kann in dieser Phase des Spiels schnell ein riesiges Flammenmeer entstehen. Abschließend werden die Karten in der Tierauslage wieder aufgefüllt, benutzte Karten abgelegt und der Startspielermarker weitergereicht.

Living Forest Tiere Dachs Nashorn Schlange Karten
Artenvielfalt wird in Living Forest großgeschrieben. © Pegasus Spiele

Die Partie wird solange fortgeführt, bis ein Naturgeist eines der drei Ziele erreicht hat. Neben dem Pflanzen von zwölf unterschiedlichen Bäumen und dem Löschen von zwölf Flammen könnt ihr alternativ noch die Beschwörung des altehrwürdigen Wächters des Waldes als Ziel anvisieren. Dieser erscheint, wenn es einem Naturgeist gelingt zwölf Heilige Blumen auszulegen, die sich manchmal auf den Tierkarten befinden.

Eine Partie dauert in der Regel zwischen dreißig und sechzig Minuten. Living Forest ist für zwei bis vier Personen ab zehn Jahren geeignet. Das Spiel erscheint über Pegasus Spiele und ist ab sofort zum Preis von rund 40€ im Handel zu finden.

Fazit: Der altehrwürdige Wächter des Waldes hat diese ingame-Testwertung für Living Forest ausgerufen

Wertungsgrafik Living Forest
Der altehrwürdige Wächter des Waldes hat für Living Forest diese ingame-Testwertung ausgerufen. © ingame.de

Ob Living Forest tatsächlich schon als Kennerspiel durchgeht? Man kann es durchaus so sehen, so wie es die Spiel-des-Jahres-Jury vorgemacht hat. Das Spiel bietet schon einige taktische Möglichkeiten, um das Ziel vor allen anderen Spielern zu erreichen und somit die Partie zu gewinnen. Fokussiert ihr euch auf die Erweiterung des eigenen Tierstapels? Baut ihr das persönliche Wald-Tableau mit ständig neuen Bäumen aus, um wertvolle Boni freizuschalten? Oder konzentriert ihr euch vornehmlich auf das Löschen der Flammen? Living Forest bietet viele Optionen, um die Macht des eigenen Naturgeists ständig zu erweitern. Jede Runde bringt euch einen großen Schritt voran, so dass sich immer mehr Symbole vor euch in der Auslage tummeln. Das stete Wachstum ist auf jeden Fall ein sehr motivierender Faktor, auch wenn es im Spielverlauf immer länger dauert, um alle gesammelten Symbolwerte zu addieren. Den nicht zu knappen Glücksfaktor und das gewisse Zockerelement muss man allerdings mögen. Wer häufig zu hoch pokert, gerät bei Living Forest irgendwann ins Hintertreffen und hat keine Chance mehr, die anderen Naturgeister noch einzuholen. Dafür spielt sich Living Forest – trotz der Optionsvielfalt – ziemlich flüssig runter. Ja, es stehen euch viele Möglichkeiten zur Verfügung, dennoch gehen die Spielabläufe in kurzer Zeit in Fleisch und Blut über. Spätestens ab der zweiten oder dritten Runde hat das Spiel alle in seinen Bann gezogen… egal ob Viel- oder Gelegenheitsspieler. Und so gerät die Frage, ob Living Forest ein Familien- oder doch eher ein Kennerspiel ist zur Nebensache, denn es bringt beide Zielgruppen problemlos an einen Tisch.

ProCon
+ tolle Optik- Glücks- und Zockermechanik nicht für jeden geeignet
+ spannende Wettlauf-Mechanik
+ leicht erlernbar
+ drei unterschiedliche Siegbedingungen
+ hoher Wiederspielreiz

Auch interessant