The Thing im Test: Das Brettspiel zum Horror-Klassiker von John Carpenter

Auf einer Forschungsstation in der Antarktis ist der blanke Horror ausgebrochen, denn The Thing hat sich inkognito unters Volk gemischt.
Warum gruseln wir Menschen uns eigentlich so gerne? Die Gründe dafür sind vielfältig und bereits genetisch verankert. Die Angst versetzt uns kurzzeitig in einen Modus von „Kampf oder Flucht“, der zu einem massiven Ausstoß des Stresshormons Adrenalin führt. Entspannt sich die Lage wieder, reagiert der Körper mit der Ausschüttung des Glückshormons Endorphin, das wiederum ein wohliges Gefühl bei uns hervorzaubert. Diesem Kick jagen viele Menschen hinterher und nutzen dabei Hilfsmittel aller Art. Achterbahnen, Horrorfilme und natürlich auch Computerspiele mit Schockeffekten stehen ganz oben auf der Liste der Adrenalinjunkies. Und die Brettspiele? Die haben gerade in den letzten Jahren ebenfalls eindrucksvoll unter Beweis gestellt, für intensive Schreckmomente sorgen zu können. Diesen Beweis möchte nun auch The Thing von Pendragon antreten, das sogar auf die offizielle Lizenz des Kino-Blockbusters von John Carpenter zurückgreifen kann.
The Thing: Von der Leinwand auf den Spieltisch
Seit der Premiere von The Thing an den Kinokassen sind schon ein paar Tage vergangen. Ganze vierzig Jahre hat es gedauert, bis die analoge Version des Horrorfilms im Brettspielhandeln zu haben ist. Ihr müsst euch daher nicht weiter grämen, wenn ihr über die Handlung des Streifens nicht im Bilde seid. Die Geschichte erzählt von einem Forscherteam, das in der Antarktis von einer außerirdischen Lebensform bedroht wird. Die extraterrestrische Kreatur geht dabei besonders geschickt zur Sache.

Sie wandelt unter den Menschen, indem sie in die Körperzellen eindringt und schrittweise die Kontrolle über das Opfer gewinnt. Der indoktrinierte Forscher spaziert auf diese Weise unerkannt durch die Reihen seiner Kollegen und versucht ganz subtil die Forschungsstation im Eis zu sabotieren. Für die Gruppe spitzt sich die Situation zunehmend zu, denn The Thing infiziert immer mehr Mitarbeiter des Teams und letztlich kann niemand mehr niemandem trauen. Durch die Hallen der Forschungsstation wabert das Gefühl der Paranoia.
- für 1-8 Personen ab 13 Jahren
- Spieldauer: 60-120 Minuten
- Autor: Andrea Crespi, Guiseppe Cicero
- Verlag: Pendragon Game Studio/Asmodee
- Preis: ca. 45€
Bei The Thing dürft ihr niemandem vertrauen
Ein Spieler beginnt die Partie bereits als infizierter Forscher. Wer das ist? Das weiß selbstverständlich nur der Betroffene selbst. Seine Mission steht den Zielen der Gruppe entgegen. Als The Thing versucht ihr die Mitspieler zu infizieren oder zu töten, sie in der Basis erfrieren zu lassen oder aber unerkannt mit den Forschern von der Station zu entkommen, um sich nun ungehindert in der Menschenwelt ausbreiten zu können. Dazu ist euch natürlich jedes Mittel recht. Doch ihr müsst vorsichtig vorgehen, denn gerade zu Spielbeginn sind die eigenen Kräfte noch schwach. Eine frühe Enttarnung könnte rasch das Ende der außerirdischen Invasion darstellen.

Spielmechanisch bedarf es dabei eines gar nicht mal so komplexen Regelwerks. Jede Spielrunde wird durch den Wurf des Wetterwürfels eingeleitet, der in der antarktischen Kälte den Ablauf maßgeblich mitbestimmt. Je nach Wetterlage benötigt die Gruppe etwa mal mehr und mal weniger Treibstoff, um die Temperatur auf der Station stabil zu halten. Anschließend geht es direkt in die Aktionsphase über, die in The Thing ganz anders abläuft als in vielen anderen Spielen dieser Art.
Die Rolle des Anführers bei The Thing
Zunächst positioniert ihr eure Spielfigur auf einem beliebigen Ort der Station. Anschließend wählt ihr Aktionskarten von der Hand. Die gewählten Aktionen werden jedoch nicht unmittelbar ausgeführt, sondern werden verdeckt an den Anführer der Gruppe weitergereicht. Dieser mischt den Stapel mit den erhaltenen Karten und deckt beliebig viele Karten auf. Jeder Karte weist er einer Figur in der Station zu, die damit nun die angegebene Aktion am Ort durchführt.

Aktionskarten liegen in dreierlei Varianten vor: Benutzen, Reparieren und Sabotieren. Einmal aufgedeckt, muss der Anführer der Aktion eine ausführende Spielfigur zuweisen. Das gilt natürlich auch, wenn überraschenderweise eine Sabotage zum Vorschein kommt. Da hatte wohl das Alien wieder einmal seine Finger im Spiel. Jetzt gilt es für den Anführer, mit der Sabotieren-Aktion den kleinstmöglichen Schaden anzurichten. Oder handelt es sich bei ihm am Ende gar selbst um das Alien?
The Thing erhöht die Infektionsgefahr auf der Forschungsstation
So hilfreich die Aktionen der verschiedenen Orte sind, so viel Unheil lässt sich dort auch anrichten. Ein defekter Heizungsraum sorgt für rapide sinkende Temperaturen, die in wenigen Runden den Untergang der Forscher bedeuten können. Ein Ausfall im Generatorraum hüllt die Station hingegen in vollkommene Dunkelheit. Ab sofort werden die Aktionskarten dem Anführer per Zufallsprinzip zugeteilt. Für The Thing ist dieser Umstand natürlich nahezu perfekt, denn nun könnte jeder Forscher versehentlich einen Sabotage-Akt durchgeführt haben.

Gefahr droht allerdings nicht nur durch Defekte in der Forschungsstation, sondern auch durch den Außerirdischen selbst. Wenn sich das Alien am gleichen Ort aufhält wie ein Forscher, herrscht zumindest große Infektionsgefahr. Wer als Mensch auf Nummer sicher gehen will, meidet am besten jegliche Kontakte. Vollkommene Isolation wird jedoch kaum möglich sein. In kooperativer Zusammenarbeit lassen sich viele Aktionen einfach sehr viel effektiver durchführen. So kommen häufiger auch mal größere Menschenansammlungen zusammen, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Eine gute Gelegenheit für den Außerirdischen…
Wenn die Hunde bei The Thing über die Station heulen
Infektionsgefahr besteht bei The Thing allerdings nicht nur durch das Alien selbst. Als Träger des außerirdischen Erregers fungieren ebenso eine Handvoll Hunde, die über die Forschungsstation streunen. Stehen zwei Personen an einem Ort, lässt sich der Streuner einfangen und zurück in den Zwinger befördern. Einzelgänger müssen hingegen eine Infektionsprobe ablegen und könnten ab der nächsten Runde bereits im Geheimen für die Partei des Außerirdischen agieren. Wer viele Begegnungen riskiert, gerät somit zunehmend in Verdacht, für The Thing zu arbeiten. Zum Glück finden sich auf der Station ein paar hilfreiche Gegenstände, die manchmal Schaden von euch fernhalten können. Eine schlagkräftige Waffe kann im Kampf gegen The Thing jedenfalls nicht schaden.

Damit der Überblick wenigstens halbwegs gewahrt bleibt, werden die Begegnungen der einzelnen Forscher auf einer Leiste festgehalten. Wer hier weit in Front liegt, könnte von der Gruppe schon bald zu einem Bluttest gezwungen werden. Sofern das nötige Material vorhanden ist, lässt sich an einem Forscher zweifelsfrei feststellen, ob er zum gegenwärtigen Zeitpunkt infiziert ist oder nicht. Als Alien-Spieler dürft ihr euch auch selbst als Verräter zu erkennen geben, was durchaus auch so einige Vorteile mit sich bringt.
The Thing randaliert in der Antarktis
Die Macht von The Thing kann sich nun frei entfalten und richtet an ausgewählten Orten auf der Station Schaden an. Wenn sich die Forscher nicht beeilen, kann sich die Partie jetzt schnell einem negativen Ende entgegenneigen. Die Gruppe muss irgendwie heil diese verdammte Station verlassen. Gelingen kann dies etwa mit dem Rettungshubschrauber, der jedoch nur über der Basis schwebt, solange ihm nicht der Treibstoff ausgeht. Sobald er davongeflogen ist, kann nur noch mit dem Schneemobil oder dem Basishubschrauber entkommen werden.

Jetzt stellt sich bloß noch die Frage, welche Forscher werden überhaupt mit auf das Fluchtfahrzeug gelassen? Der erste Forscher, der das rettende Fahrzeug betritt, darf entscheiden, ob er ein weiteres Mitglied der Gruppe mit an Bord holt. Jetzt können beide gemeinsam entscheiden, ob noch ein dritter Forscher die Station verlassen darf. Die Menschen gewinnen die Partie nur, wenn allen noch nicht infizierten Gruppenmitgliedern die Flucht gelungen ist. Eine intensive Diskussion der Flüchtenden ist an dieser Stelle also wohl vorprogrammiert.
Je nach Zahl der Mitspieler vergehen bis dahin eine bis zwei Stunden. The Thing ist für ein bis acht Spieler ab dreizehn Jahren geeignet. Ihr findet das Spiel ab sofort zum Preis von 40-45€ im Handel. Ebenfalls bereits zu haben ist die Erweiterung „The Thing: Norwegischer Außenposten“, die mit rund 35€ zu Buche schlägt.
Fazit: Atmosphärisch steht The Thing seiner filmischen Vorlage in Nichts nach. Die Brettspiel-Adaption verdient sich damit diese schaurig-schöne ingame-Testwertung

Betrachtet man The Thing ganz nüchtern unter spielmechanischen Aspekten, dann ist das Spiel gar nicht so komplex, wie man zunächst vermuten mag. Benutzen, Reparieren, Sabotieren… das sind im Grunde auch schon die einzigen Aktionsmöglichkeiten, die der Forschergruppe auf ihrer Station zur Verfügung stehen. Doch aus diesen wenigen Möglichkeiten macht The Thing eben eine ganze Menge. So lebt der Titel eben nicht von fein verzahnten Abläufen und taktischer Tiefe, sondern vor allem von seiner beklemmenden Atmosphäre und der steten Paranoia, die sich wie eine dunkle Wolke über euch ausbreitet. Die Stimmung ist geprägt von ständigen Anschuldigungen und wenn mal wieder einer dieser fiesen Kläffer unerwartet vor auftaucht, läuft selbst hartgesottenen Spielern ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Mit The Thing ist der Tisch gedeckt für ein Festival des Horrors. Jetzt müssen nur noch ausreichend Spieler am Tisch zusammenkommen. Das Spiel brilliert nämlich vor allem in einer größeren Spielrunde. Wer sich mit nur bis zu drei Spielern auf die Forschungsstation im Eis wagt, muss mit leicht abgewandelten Regeln vorliebnehmen. Die Partie funktioniert in der Kleingruppe zwar auch, doch erst ab 5-6 zündet The Thing den Turbo so richtig. Kein Problem für euch? Dann solltet ihr euch diesen Horror-Leckerbissen nicht entgehen lassen.
Pro | Con |
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+ spielt sich toll in größeren Gruppen… | - … dafür weniger stark mit geringer Spielerzahl |
+ packende Verräter-Mechanik | - etwas zäher Einstieg |
+ Geist der Filmvorlage wird gut eingefangen | |
+ Charaktere mit individuellen Fähigkeiten | |
+ zaubert beklemmende Atmosphäre am Spieltisch hervor | |
+ kaum Wartezeiten | |
+ gutes Spielmaterial |