Tichu im Test: Das Kartenspiel nach chinesischer Tradition

Tichu befindet sich bereits seit vielen Jahren im Programm von Abacusspiele. Was macht das kleine Kartenspiel zum Dauerbrenner?
Alte Kartenspielklassiker? Nicht mit mir! Egal ob Skat, Poker, Doppelkopf oder Bridge… angesichts der immensen Anzahl hochkarätiger Neuerscheinungen kam seit Jahren keines dieser Evergreens in diesem Hause mehr auf den Tisch. Nun ist es aber dennoch passiert. Bei Tichu handelt es sich um die Weiterentwicklung eines traditionellen chinesischen Kartenspiels, das auch in Deutschland viele Anhänger gefunden hat. Das Spiel beinhaltet im Grunde ein ziemlich klassisches Bridge-Blatt und wurde lediglich mit vier Spezialkarten aufgepeppt. Klingt erstmal nicht sonderlich aufregend. Und dennoch ist Tichu seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des Programms von Abacusspiele. Was ist also dran am Phänomen Tichu? Wir haben das Spiel ausprobiert und sind dieser Frage nachgegangen.
Phänomen Tichu: Wieso ist das kleine Kartenspiel so beliebt?
Obwohl das Regelwerk von Tichu ziemlich schmal ausfällt, muss vor der ersten Partie eine nicht zu kleine Hürde überwunden werden. Hinsichtlich der Zahl der Mitspieler zeigt sich das Kartenspiel nicht sonderlich flexibel. Benötigt werden exakt vier Spieler. Nicht drei, nicht fünf… nein ganz genau vier Personen müssen sich am Spiel beteiligen. Sind die Voraussetzungen geschaffen, fällt der Einstieg ziemlich leicht. Die ganz große taktische Tiefe entsteht allerdings erst durch ein wenig Erfahrung im Umgang mit Tichu. Das Spiel hat es nämlich ganz schön in sich.

Vor jeder Runde wird das gesamte Kartenmaterial unter den Spielern aufgeteilt, jeder erhält genau vierzehn Karten. Gespielt wird immer in Teams. Die beiden Partner sitzen sich dabei gegenüber und versuchen sich bestmöglich zu unterstützen. Dies fängt bereits vor Spielbeginn an. Beim sogenannten Schupfen verteilt ihr jedem Mitspieler eine eurer Handkarten und erhaltet von diesen natürlich ebenso viele Karten zurück. Anschließend hantiert ihr mit Karten, die sich in vier Familien unterteilen. Statt Kreuz, Pik, Herz und Karo kommen in Tichu allerdings Jade, Schwert, Pagode und Stern zum Einsatz. Ansonsten findet ihr die gewohnte Nummerierung bis hin zum Ass aus den westlich geprägten Kartenspielen wieder. Ergänzt wird das Set um die bereits erwähnten Spezialkarten. Mit Mah Jong, Hund, Drache und Phönix lassen sich mächtige Sonderaktionen durchführen. Doch dazu später mehr…
Name des Spiels | Tichu |
Spielerzahl | 4 Personen |
Altersempfehlung | ab 10 Jahren |
Spieldauer | 60 Minuten |
Autor | Urs Hostettler |
Verlag | Abacusspiele |
Preis | 8-9€ |
In Tichu ist Teamplay gefragt
Der Spieler mit der Mah-Jong-Karte spielt zu Beginn der Runde auf und legt eine Einzelkarte oder eine Kartenkombination vor. Reihum muss der Wert der ausgespielten Karte(n) vom nächsten Spieler übertrumpft werden. Falls dies nicht möglich oder gewollt ist, wird gepasst. Haben drei Spieler in Folge gepasst, verleibt sich der aktuelle Spieler alle ausgespielten Karten ein und legt sie auf einen separaten Stapel. Sie sind am Rundenende hoffentlich viele Punkte wert.

Die Wertigkeit der Karten und Kartenkombinationen erinnert an das gute alte Poker. Paare sind wertvoller als Einzelkarten, Drillinge sind wertvoller als Zwillinge. Das Full House stellt die Speerspitze in der Hackordnung dar. Tichu wartet an dieser Stelle aber mit einem ganz besonderen Clou auf. Spielt ihr etwa einen Zwilling aus, müssen alle folgenden Spieler ebenfalls ein Kartenpaar ausspielen und den aktuellen Wert übertrumpfen. Drillinge oder höherwertige Kombos sind in diesem Fall nicht erlaubt.
Tichu bringt vier Spezialkarten ins Spiel
Eine Ausnahme von dieser Regel stellen die sogenannten Bomben dar. Dabei handelt es sich um besonders mächtige Kartenzusammenstellungen. Vierlinge und zusammenhängende Fünferreihen der gleichen Familie können jederzeit gespielt werden, um das aktuell ausliegende Blatt zu übertrumpfen. Bomben sind also sehr mächtige Werkzeuge, die mit Bedacht eingesetzt werden wollen.

Gleiches gilt auf jeden Fall auch für die vier Spezialkarten im Kartenstapel. Die Mah-Jong-Karte etwa hat zwar nur den Wert von einem Punkt, kann den Mitspielern dafür bestimmte Karten entlocken. Sobald ihr die Mah-Jong-Karte spielt benennt ihr einen beliebigen Kartenwert, den der nächste Spieler in der Reihenfolge ausspielen muss, sofern es ihm möglich ist. Die Hundekarte hat überhaupt keinen Kartenwert. Sie gibt das Ausspielrecht dafür direkt an den Teampartner ab. Der Drache ist ebenfalls eine sehr mächtige Karte im Spiel. Schließlich bringt er euch in der Endabrechnung satte 25 Punkte ein. Die Sache hat nur einen gewaltigen Haken. Gewinnt ihr mit dieser Karte den aktuellen Stich, verschenkt ihn der edle Drache umgehend an das gegnerische Team.
Tichu und der Phönix
Bleibt noch der wandlungsfähige Phönix, die vermutlich wertvollste Karte im Spiel. Der Phönix bringt euch zwar 25 Minuspunkte ein, wenn er sich in eurem Stich befindet, kann dafür aber als eine Art Joker jeden beliebigen Wert annehmen. Als Einzelkarte gespielt, liegt der Wert immer einen halben Punkt über dem Wert der aktuellen Karte. Trotz des Punktemalus kann der Phönix so zu einer mächtigen Waffe werden.

Die Spielrunde wird solange fortgeführt bist nur noch ein einziger Spieler Karten auf der Hand hat. Im besten Fall seid ihr nicht selbst dieser Spieler. Falls doch, wandern nicht nur alle verbleibenden Handkarten auf die Gegenseite, sondern auch alle eure zuvor gesammelten Stiche. Abschließend müssen nur noch die Punkte gezählt werden, die im Verlauf der Runde kassiert werden konnten. Ein großer Teil der Karten ist in der Endabrechnung wertlos. Punkte bringen euch lediglich die Fünfer- und Zehnerkarten, sowie die Könige und natürlich der Drache. Habt ihr den Phönix eingesammelt, gibt es die bereits erwähnten Minuspunkte.
Wettlauf der Teams in Tichu
Läuft es richtig gut, habt ihr die Spielrunde sogar als erster und zweiter Spieler beendet, indem ihr alle Handkarten losgeworden seid. In diesem Fall winken euch satte zweihundert Bonuspunkte. Wagemutige können weitere hundert Punkte kassieren, indem sie vor dem Ausspielen der ersten Karte einen Tichu ansagen und zuerst alle Handkarten loswerden. Wer es draufanlegt, darf diese Vorhersage sogar noch früher wagen. Lehnt ihr euch vor dem Aufnehmen der neunten Spielkarte wirklich soweit aus dem Fenster, meldet ihr den großen Tichu an. Dieser ist sogar zweihundert Punkte wert. Geht eure Vorhersage allerdings schief, wird die gleiche Punktzahl von eurem Konto abgezogen.

Es gewinnt das Team, das zuerst die stattliche Zahl von eintausend Punkten gesammelt hat. Rund eine Stunde solltet ihr dafür schon einplanen. Legt ihr vor Spielbeginn ein anderes Punkteziel fest, könnt ihr die Spielzeit aber natürlich fast nach Belieben variieren. Tichu ist für vier Personen ab zehn Jahren geeignet. Das Spiel ist im Handel zum Preis von etwa 8-9€ zu finden.
Fazit: Tichu hat das Zeug zum Dauerbrenner und erhält dafür von uns diese langlebige ingame-Testwertung.

Über viele Jahre hinweg habe ich Tichu von Abacusspiele gekonnt ignoriert. Bei oberflächlicher Betrachtung ist das eigentlich kein Wunder. Weder das Cover, noch die Illustrationen der Karten machen sonderlich viel her und auch die Vorstellung, im Wesentlichen mit einem klassischen Kartendeck zu hantieren, ließen mein Interesse am Spiel nach oben schnellen. Hinzu kommt außerdem noch die Erschwernis, dass exakt vier Personen am Tisch sitzen müssen, um mit der Partie loszulegen. Ist das Spiel aber einmal im Gange, offenbart es schnell seine Qualitäten. Zunächst werden die Karten noch etwas unbeholfen ausgespielt, bevor sich so etwas wie ein taktisches Vorgehen herauskristallisiert. Auf der einen Seite versucht man, so viele Stiche wie möglich einzusammeln und spielt behutsam seine Kartenkombis in die Mitte. Andererseits sollte darauf geachtet werden, die eigenen Handkarten schnell loszuwerden. Tichu vereint viele Elemente, die bereits aus Stichspiel-Klassikern bekannt sein sollten. Die Mischung aus Poker, Schafkopf, Bridge und dem gewissen Etwas hat mich schnell in seinen Bann gezogen und zu zahlreichen Partien motiviert.
Pro | Con |
---|---|
+ Grundregeln schnell erlernt | - benötigt exakt vier Spieler |
+ entwickelt enorme taktische Tiefe | - unspektakuläres Artwork |
+ hohe Langzeitmotivation | |
+ motivierendes Teamspiel | |
+ günstiger Preis |