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Tindaya im Test: Taktischer Überlebenskampf als Brettspiel

Erstellt:

Von: Sebastian Hamers

Tindaya Vulkan Meer Welle Flut Schiffe Verpackung Taverna Ludica
Tindaya erscheint über Taverna Ludica und kostet ca. 60€. © Taverna Ludica

Die deutsche Version von Tindaya hat lange auf sich warten lassen. Jetzt hat Taverna Ludica die lokalisierte Version in den Handel gebracht.

Der Montana de Tindaya befindet sich auf der kanarischen Insel Fuerteventura und wurde bereits in der vorkolonialen Zeit als heiliger Berg angesehen. Einst wurde die paradiesische Insel von den Imazighen, einem Volk aus Nordafrika bewohnt. In diese Zeit zurück reist ihr in Tindaya, dem neuen Brettspiel von Taverna Ludica. Die verschiedenen Stämme müssen dabei nicht nur die Herausforderung der beginnenden Kolonialisierung meistern, sondern sich auch mit den Launen der rachsüchtigen Gottheiten Acoran und Moneiba herumschlagen. Spuren die Ureinwohner nicht wie gewohnt, lassen sich die Götter gerne mit Erdbeben, Tsunami oder Vulkanausbrüchen an den Inselbewohnern aus. In Tindaya übernehmt ihr die Kontrolle über einen Inselstamm und kämpft mit diesem um das nackte Überleben. Der Fortbestand des Stammes liegt in euren Händen.

Vielfältiges Tindaya

Die Gestaltung der kanarischen Spielwelt setzt sich in Tindaya modular zusammen. Das Spielfeld wird aus acht doppelseitigen Spielplanteilen erstellt, sodass jede Partie leicht veränderte Bedingungen schafft. Auf jedem Spielplantableau befindet sich ein Vulkanfeld, um das sich herum weitere Landschaftsfelder ranken. Auf diese Weise entstehen viele kleine Inseln mit Wald-, Gebirgs- und Küstenabschnitten. Diese Ländereien werdet ihr euch zunutze machen, um euch Ressourcen zu erarbeiten, die euer Volk dringen im Überlebenskampf benötigt.

Tindaya Tsunami Flutwelle Meer Figuren Spielbrett
In Tindaya kämpft ihr als Inselstamm um das nackte Überleben. © Taverna Ludica

Jedes Volk beginnt die Partie mit zwei Siedlungen, die euch bereits erste Vorteile einbringen. Je nachdem für welchen Stamm ihr euch entschieden habt, verfügt ihr über unterschiedliches Wissen. Ein Stamm kennt sich in der Kunst des Schweinehütens aus, das andere hat sich hingegen vielleicht eher auf den Fischfang spezialisiert. Je nach Kenntnisstand des Volkes werden die ersten Siedlungen auf den Inseln platziert und auch schon einige Ressourcen verteilt. Bevor es so richtig losgeht, werden allerdings noch die zahlreichen Gefahren platziert, die überall auf den Inseln auf euch lauern.

Name des SpielsTindaya
Spielerzahl1-4 Personen
Spieldauer45-120 Minuten
Altersempfehlungab 13 Jahren
AutorLolo Gonzáles
VerlagTaverna Ludica
Preisca. 60€

Das Leben in Tindaya ist gefährlich

Glücklicherweise müsst ihr nicht euch in jeder Spielrunde, in Tindaya Zeitalter genannt, mit sämtlichen Bedrohungen herumschlagen. Entsprechende Karten zeigen an, wo die Avatare der Gottheiten, die Naturkatastrophen und natürlich die Invasoren mit ihren Schiffen auftauchen. Bis zum Ende des laufenden Zeitalters lassen euch die Gefahrenquellen noch in Ruhe agieren. Sobald eure Aktionsmöglichkeiten aufgebraucht sind, schlägt aber ihre Stunde und die Auswirkungen treffen euch mit aller Härte.

Tindaya Tableau Fisch Stroh Fleisch Stein Salz Schinken Guelle Horn Feuerstein
In Tindaya verfügt jeder Spieler über ein eigenes Stammestableau, das zahlreiche Handlungsmöglichkeiten bietet. © Taverna Ludica

Ausbrechende Vulkane vernichten alles Lebende in ihrem Wirkungskreis. Siedlungen, Nutztiere, Stammesmitglieder… alles wird unter den Lavamassen begraben und aus dem Spiel genommen. Außerdem werden Küstenfelder natürlich noch Gebirge verwandelt. Die Tsunami treiben es nicht weniger wild. Ihre Wassermassen überspülen die Inseln und ziehen Teile von ihnen für immer ins Meer. Die Gottheiten selbst agieren ziemlich flexibel, da ihre Aktionen über ein kleines Kartendeck gesteuert werden. Bleiben noch die Invasoren. Sie legen an den Inseln an und lassen Soldaten von Bord, die natürlich ebenfalls eine Bedrohung für eure Stammesmitglieder darstellen.

Tindaya fordert eure Opfergaben

Im ersten Zeitalter lassen sich die Bedrohungen noch absehen. Ihr wisst genau, wie und an welcher Stelle die Katastrophen über euch hereinprasseln. Ganz verhindern könnt ihr sie allerdings ohnehin nicht. Stellt ihr euch mit den Göttern gut und opfert ihnen wertvolle Ressourcen einer bestimmten Art, lässt sich ihre Wut aber ein wenig mildern. Der Auswirkungsradius lässt sich auf bis zu ein Feld rund um den Standort der Gefahrenquelle reduzieren. Opfert ihr jedoch nicht, kann sich der Kreis der Zerstörungswut noch deutlich ausweiten.

Tindaya Uebersicht Ziegen Schweine Tiere Tableau Karten
Auf der Übersichtstafel habt ihr die Ziele in Tindaya immer genau im Blick. © Taverna Ludica

Wenn ihr jetzt noch ein wenig Material erübrigen könnt, lohnt es am Ende der Spielrunde vielleicht, dieses in die Prophezeiungen zu investieren. Mit Hilfe von Holz, Gülle oder Stroh entzündet ihr ein Freudenfeuer und aktiviert damit die Fähigkeiten der Seherin. Sie gibt euch einen Ausblick auf die drohenden Katastrophen des nächsten Zeitalters. Andernfalls agiert ihr in der kommenden Runde ziemlich im Blindflug.

Tindaya überdauert mehrere Zeitalter

Vermutlich erahnt ihr es bereits. Das Zeitalter sollte gut genutzt werden, um sich mit möglichst vielen Ressourcen einzudecken. Spätestens am Rundenende werdet ihr sie dringend brauchen, sonst steht der Stamm ziemlich schnell vor dem Untergang. Opfergaben erbringen, Freudenfeuer entzünden… all das benötigt verdammt viel Material und eure Stammesmitglieder, die wollen schließlich auch noch ernährt werden. Nur wenn es euch gelingt, diese vielen Anforderungen gut zu managen, könnt ihr komfortabel ins nächste Zeitalter starten.

Tindaya Stammesfuehrer Siedler Schweine Insel Meer
Die Schweinezucht ist eine der vielen Möglichkeiten in Tindaya, um euer Volk zu ernähren. © Taverna Ludica

Glücklicherweise birgt das Ende eines Zeitalters nicht nur Risiken, sondern auch ein paar Chancen. Bugsiert ihr einen der Stammesführer auf ein Feld mit einem fremden Siedler, kann sich dieser nun frisches Wissen aneignen. Auf diesem Weg werden wichtige Disziplinen wie die Ziegenzucht oder die Kunst der Landwirtschaft weitergeben. Errichtet ihr die passenden Siedlungen auf den Inselstücken, können ab sofort plötzlich ganz neue Waren hergestellt werden. Mehr Wissen bedeutet in Tindaya zudem gleichzeitig auch, dass euch nun pro Runde mehr Aktionen zur Verfügung stehen. Es lohnt sich also gleich in zweierlei Hinsicht, euer Volk so breit wie möglich aufzustellen.

In Tindaya brechen harte Zeiten an

Tindaya bietet euch zwar durchaus zahlreiche Aktionsmöglichkeiten an, limitiert euch dafür stark in der Anzahl ebendieser. Einer der wichtigsten Aktionen ist die Bewegung. Mit euren Figuren wandert ihr von Inselstück zu Inselstück, erntet dabei möglicherweise ein paar Rohstoffe und tauscht Ressourcen mit Stämmen, die sich auf dem gleichen Feld befinden. Sofern ihr über die nötige Manpower und Waffengewalt verfügt, dürft ihr außerdem die Invasoren vermöbeln und gefangen nehmen. Sie dienen pikanterweise als Bonus-Ressource, wenn ihr den Göttern huldigt und eure Opfergaben darbringt.

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In Tindaya fordern die Götter in jedem Zeitalter Opfer von euch ein. © Taverna Ludica

Die weiteren Aktionen findet ihr auf dem persönlichen Stammestableau wieder. Je nachdem über welche Disziplinen der eigene Stamm verfügt, zeigt sich hier ein ganz eigenes Portfolio an Aktionsmöglichkeiten. Bereits erlernte Fähigkeiten lassen sich unter Abgabe bestimmter Ressourcen weiterentwickeln oder zur Produktion nutzen. Als Fischer fangt ihr etwa wertvolle Nahrung aus den Siedlungen der Küstenregionen. Habt ihr die Fischereifähigkeit ausgebaut, verfügt ihr ebenfalls über die Fähigkeit der Salzgewinnung, was euch zusätzlich Salz als wichtigen Rohstoff einbringt. Erfahrene Fischer sind außerdem in der Lage, den Fisch zu räuchern und ihn so länger haltbar zu machen, indem sie mit Stroh ein Feuerchen schüren, um so Nahrung für schlechte Zeiten bunkern zu können.

Stämme entwickeln sich in Tindaya ständig weiter

Ganz ähnlich wird vorgegangen, wenn euer Stamm über andere Fähigkeiten verfügt. In der Regel geht es dabei um Nahrung, die Herstellung von Waffen oder um die Beschaffung von Brennmaterial. Letztlich dienen sie alle dem Zweck des Überlebens. Nahrung um die Bevölkerung zu erhalten, Brennstoff um die Prophezeiungen auszulösen und Waffen um sich die lästigen Invasoren vom Leib zu halten. Am Ende der Partie müsst ihr gleich mehrere Bedingungen erfüllen können, um mit eurem Stamm weiter zu existieren. Ohne mindestens eine Siedlung, einen Stammesführer und ein Stammesmitglied ist die Ära eures Stammes am Ende. Sollten die Invasoren euch am Ende des Spiels zahlenmäßig zu weit überlegen sein, werdet ihr ebenfalls von der Inselgruppe vertrieben. Außerdem wird vor jeder Partie eine Missionskarte ausgelegt, die es von den Stämmen zu erfüllen gilt.

Tindaya Schweine Vulkan Insel Meer Figuren
Ein Vulkanausbruch kann in Tindaya verheerende Folgen haben. © Taverna Ludica

Wer einfach drauflosspielt und planlos agiert, wird sein Volk im Handumdrehen in den Abgrund führen. Bereitet euch also lieber auf etwas Einarbeitungszeit vor, dann werdet ihr Tindaya auch sicher irgendwann meistern. Dann wird es Zeit, sich an einem der höheren Schwierigkeitsgrade zu versuchen. Tindaya zeigt sich in jeder Hinsicht ziemlich flexibel. Der modulare Spielaufbau und der anpassbare Schwierigkeitsgrad sind nicht die einzigen variablen Spielelemente. Ihr könnt die Partie sowohl kompetitiv als auch kooperativ bestreiten und im Notfall sogar ganz ohne weitere Mitspieler loslegen.

Eine Partie Tindaya dauert, je nach Zahl der Mitspieler, zwischen 45 und 120 Minuten und ist für ein bis vier Personen ab dreizehn Jahren geeignet. Ihr findet das Spiel ab sofort zum Preis von etwa 60€ im Handel.

Fazit: Tindaya ist ein komplexer Strategiebrocken, der etwas Einarbeitungszeit erfordert, dann aber seine spielerischen Qualitäten entfaltet. Dafür erhält das Spiel diese paradiesische ingame-Testwertung.

Wertungsgrafik Tindaya
Ist die Einstiegshürde einmal überwunden, entfaltet Tindaya sein spielerisches Potenzial. Dafür gibt es von uns diese paradiesische ingame-Testwertung. © ingame.de

Der Einstieg in die Welt von Tindaya fällt wirklich nicht leicht. Allein das Regelwerk umfasst satte 28 Seiten. Keine leichte Lektüre, denn die Regeln des Spiels sind mitunter schon ziemlich kleinteilig. Spielerisch und thematisch ergibt das Zusammenspiel der vielen Elemente auf jeden Fall Sinn, nur einsteigerfreundlich ist es eben nicht. Ist die Einstiegshürde aber einmal überwunden, erfreut man sich an den zahlreichen liebevollen Details. Beispiel gefällig? Werden Baumbestände im ersten Zeitalter abgeholzt, bringen sie euch weniger Material ein, als wenn sie in kommenden Epochen geerntet werden. Wer auf das natürliche Wachstum warten kann, ist im also im Vorteil. Weiteres Beispiel: in evakuierten Dörfern fliehen die Nutztiere in die Wildnis, von dort aus können sie von anderen Siedlungen aus wieder eingefangen werden. Tindaya ist vollgestopft mit solchen Kleinigkeiten, die eine Partie zu einem ganz besonderen Erlebnis machen. Thematisch fügt sich alles ohnehin wunderbar zusammen. Das Gefühl der Bedrohung ist allgegenwärtig und man wähnt sich tatsächlich schon bald im Überlebenskampf auf den kanarischen Inseln. In Sachen Spielatmosphäre macht Tindaya also einen exzellenten Job. Eine gewisse Frusttoleranz solltet ihr hingegen schon mitbringen. Selbst auf dem untersten Schwierigkeitsgrad stellt Tindaya eine große Herausforderung dar, die euch in der ersten Partie vermutlich ziemlich deutlich die Grenzen aufzeigt. Fehler in der taktischen Planung werden vom Spiel eben knallhart abgestraft. Wer allerdings bereit ist, sich tief in die Mechanik des Spiels einzufuchsen und genug Zeit in das Erlernen der Abläufe investiert, wird mit einem intensiven Spielgefühl belohnt, das eine hohe Langzeitmotivation verspricht.

ProCon
+ kooperativ, kompetitiv und solo spielbar- erfordert viel Einarbeitungszeit
+ große taktische Herausforderung- unübersichtliche Anleitung mit zu kleingeschriebenen Texten
+ thematisch stimmig- kompetitiver Modus fällt etwas ab
+ gutes Spielmaterial
+ hohe Langzeitmotivation durch modulare Spielelemente
+ beweist viel Liebe zum Detail

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