Wanderlust im Test: Das Deckbau-Brettspiel für Einsteiger

Wanderlust fühlt sich an wie ein Sommerferien-Campurlaub für Jugendliche. Wir haben die Gamefactory-Neuheit probegespielt.
Als das Sammelkartenspiel Magic: The Gathering seinen Siegezug antrat, war die Zusammenstellung des persönlichen Kartenstapels noch ein langwieriger Prozess, der vor dem eigentlichen Spiel stattfand. Zahlreiche Vertreter des modernen Brettspiels haben den Deckbau inzwischen jedoch längst zum zentralen Element des Erlebnisses aufgewertet. Viele von ihnen rangieren allerdings eher am oberen Ende der Komplexitätsskala und eignen sich somit nur bedingt als Einstieg in dieses schöne Genre. An dieser Stelle möchte Gamefactory mit der Frühlingsneuheit Wanderlust in die Bresche springen. Das Spiel setzt ebenfalls in erster Linie auf eine Deckbuilding-Mechanik, verpackt den Ablauf allerdings in ein familienfreundliches Regelwerk.
Wanderlust bietet einsteigerfreundliches Deckbuilding
Auf den ersten Blick wirkt Wanderlust gar nicht mal so unkompliziert. Das Spiel wird mit direkt mehreren Kartensets ausgeliefert. Während die Basiskarten in jeder Partie zum Einsatz kommen, werden von den verbleibenden sieben Paketen drei Stapel gewählt, die das Spielmaterial komplettieren. Die Namen der Decks lassen bereits erahnen, worum sich bei Wanderlust inhaltlich alles dreht. Aktivitäten, Handarbeit, Kochen, Outdoor, Freundschaft, Gruppenspiele und Wassersport… das sind die perfekten Zutaten für ein aufregendes Abenteuer im Sommercamp.

Das Camp selbst wird nicht durch Spielkarten dargestellt, sondern kommt über neun Tafeln ins Spiel, die in einem 3x3-Raster ausgelegt werden. Auf diese Weise entstehen drei Pfade, die jeweils einem der zuvor ausgewählten Disziplinen zugeteilt wurde. Auf jeden Pfad platziert jeder von euch eine eigene Spielfigur, die sich im Spielverlauf von links nach rechts über mehrere Felder bewegen wird. Zwei Zwischenetappen sind durch kreuzende Flüsse gekennzeichnet. Sobald alle drei eigenen Figuren den Fluss auf ihrem Pfad überquert haben, erhaltet ihr eine Auszeichnung, die euch am Spielende Punkte einbringt. Schnelligkeit zahlt sich aus. Schnappt ihr euch die Auszeichnung vor allen anderen Camp-Bewohnern, winken euch die meisten Punkte für diesen Erfolg.
Name des Spiels | Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp |
Spielerzahl | 2-4 Personen |
Altersempfehlung | ab 10 Jahre |
Spieldauer | 40 Minuten |
Autor | Phil Walker Harding |
Verlag | Gamefactory |
Preis | ca. 30€ |
Neue Möglichkeiten in Wanderlust entdecken
Die letzte Etappe eines jeden Pfads wird hingegen separat abgerechnet. Geht die Spielfigur durchs Ziel, gibt es auch hier wieder eine punktebringende Auszeichnung zu gewinnen. Doch wie bewegen sich die Spielfiguren überhaupt voran? An dieser Stelle kommen die Spielkarten zu Einsatz. Bei Spielbeginn hantiert jeder Spieler noch mit einem identischen Set, das aus genau zehn Karten besteht. Jeweils eine Karte entstammt den Stapeln der drei gewählten Disziplinen. Spielt ihr eine solche Karte aus, bewegt sich die Figur auf dem passenden Pfad um ein Feld nach vorne. Die verbleibenden sieben Karten gehören zum Basisdeck und dienen einzig und allein dem Kauf von zusätzlichen Karten, die ab sofort eure Möglichkeiten erweitern.

Im Spielverlauf liegen in jedem Zug zwei Karten pro gewählter Disziplin offen aus. Sammelt ihr durch das Ausspielen eurer Karten genug Energiepunkte, dürft ihr damit euren Kartenstapel ergänzen, sodass euch künftig neue und mächtigere Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Weitere Basiskarten lassen sich ebenfalls auf diese Art und Weise erwerben. Die Zahl dieser Karten ist jedoch überschaubar, dafür steht hier immer das gesamte Kartenmaterial zum Kauf bereit.
Wettlauf auf drei Ebenen in Wanderlust
Welche Optionen euch die anderen Karten bieten, hängt wesentlich von den drei gewählten Kartensets ab. Alle Sets bieten euch natürlich die Chance, eure Spielfigur auf dem zugeordneten Pfad voranzugehen. Je nachdem wieviel Energie ihr in den Kauf einer Karte investieren könnt, kann die Figur beim Ausspielen bis zu drei Schritte nach vorne rücken. Davon abgesehen fallen die gebotenen Möglichkeiten in den Disziplinen recht unterschiedlich aus. Das Aktivitäten-Set erleichtert euch das Erwerben neuer Karten, der Outdoor-Bereich lässt euch zusätzliche Karten ziehen, in den Gruppenspielen wird der Interaktionsgrad erhöht und die Freundschaftskarten wechseln immer mal wieder gerne den Besitzer.

Je nachdem für welche drei Disziplinen ihr euch entschieden habt, spielt sich Wanderlust ein wenig anders. Der wesentliche Ablauf bleibt allerdings immer gleich. Fünf Handkarten stehen euch in jeder Runde zur Verfügung, die ihr ohne weitere Bedingungen ausspielen dürft. Etwaige neu erstandene Karten landen in der Regel erstmal auf dem persönlichen Ablagestapel, die Spielfiguren werden allerdings ohne Verzögerung vorangezogen. Auf dem Weg zum Ziel passieren diese zahlreiche Sonderfelder, die euch einen Bonus einbringen. Auf diese Weise zieht ihr zusätzliche Karten auf die Hand, bewegt eine beliebige Spielfigur um ein weiteres Feld nach vorne oder zieht einen Gratis-Energieriegel, der euch wiederum beim Kauf von weiteren Karten behilflich ist.
Erfolgreicher Campabschluss in Wanderlust
Mit diesen wenigen Regeln hangelt ihr euch so lange voran, bis ein Spieler alle drei eigenen Figuren über die Ziellinie gebracht hat. Jetzt müssen nur noch die gesammelten Punkte addiert werden, um den Sieger der Partie zu ermitteln. Punkte gibt es für viele neu erworbene Karten im eigenen Deck, sowie für die eroberten Abzeichen für das Überschreiten der Zwischenetappen und der finalen Zielpunkte.

Für einen Durchlauf solltet ihr mit etwa vierzig Minuten rechnen. Hinsichtlich der Spielerzahl geht es ab zwei Personen los, maximal dürfen vier Spieler ab zehn Jahren an einer Partie teilnehmen. Ihr findet Wanderlust ab sofort zum Preis von etwa 30€ im Handel.
Fazit: Wanderlust bietet Deckbau auf Familienspiel-Niveau und erhält von uns diese sommerliche ingame-Testwertung.

Wanderlust macht nach dem Auspacken sofort richtig Lust aufs Losspielen. Die einzelnen Kartensets liegen hübsch verpackt in Reih und Glied in der Verpackung und lassen auf ein variantenreiches Spielerlebnis hoffen. Optisch macht die Frühlingsneuheit von Gamefactory einiges her und versprüht tatsächlich ein wenig den Charme eines Sommer-Ferienlagers für Jugendliche. Eine angenehme Leichtigkeit macht sich auch im Spielablauf selbst bemerkbar. Langes Regellesen bleibt euch erspart, im Grunde erklärt sich Wanderlust schon fast von alleine. Selbst Gelegenheitsspieler, die noch nie ein Deckbau-Spiel ausprobiert haben, finden sich hier direkt zurecht. Der spielerische Wanderurlaub strahlt eine enorme Leichtigkeit aus. Die Karten werden lockerflockig runtergespielt, die Gefahr des intensiven Grübelns besteht eher am Rande. Spielt sich Wanderlust dadurch etwas zu beliebig? Natürlich, im Brettspielhandel gibt es deutlich komplexere Deckbauer mit strategischer Tiefe, die euren grauen Zellen einiges abverlangen. All dies kann Wanderlust nicht bieten. Und dennoch, ein paar taktische Entscheidungen gibt es durchaus zu fällen. Es wird vor allem darauf ankommen, welche zusätzlichen Karten ihr ins persönliche Deck integriert. Die Gesamtzahl der verfügbaren Karten ist zwar vergleichsweise gering, dennoch spielt die Auswahl eine große Rolle für den Fortschritt der drei Wandersleute auf den Pfaden. Das Voranrücken der Figuren gestaltet sich besonders motivierend. Die Pfade sind gespickt mit Boni, sodass sich hier nicht selten tolle Kettenreaktionen ergeben. Noch ein Feld vorrücken, eine weitere Karte ziehen und schon ergeben sich wieder ganz neue Möglichkeiten für die weitere Gestaltung des Spielzugs. Eingefleischte Deckbau-Experten fühlen sich damit unterfordert. Zu gering sind die Möglichkeiten, um mächtige Kombi-Effekte zu kreieren und die Karten aufeinander abzustimmen. In Wanderlust ist es noch nicht einmal möglich, die wenig effektiven Startkarten wieder loszuwerden. Sie bleiben, genau wie jede weitere hinzugekaufte Karte, bis zum Spielende im persönlichen Deck. Im Einsatz in gemischten Spielgruppen, in der Familie oder mit Gelegenheitsspielern macht die Gamefactory-Neuheit eine gute Figur. Da spielt man selbst als Brettspiel-Verrückter gerne mal eine flotte Runde mit.
Pro | Con |
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+ optisch ansprechend | - Deckbau-Experten fühlen sich unterfordert |
+ einfache Regeln | |
+ Mischung aus Deckbau und Rennspiel | |
+ entspannte Atmosphäre |