Activision Blizzard Sexismus-Skandal: Boss und Personal-Manager nehmen den Hut
Der Sexismus-Skandal um Activision Blizzard fordert nun die erssten Konsequenzen. Der Firmenpräsident von Blizzard, sowie der Personal-Manager nehmen ihren Hut und verlassen das Unternehmen.
Update vom 05.08.2021: Nachdem auch noch die Anleger eine Klage gegen Activision Blizzard eingereicht haben, weil das Unternehmen sie zu spät über vorherige Klage zu den Sexismus-Vorwürfen informiert habe, folgen nun Konsequenzen. Nachdem am 3. Oktober der Präsident von Blizzard Allen Brack zurückgetreten war, ist nun auch der Personalleiter Jesse Meschuk aus dem Unternehmen ausgetreten. Fast zeitgleich erschien ein Bericht auf Axios.com, indem Mitarbeiter grobes Fehlverhalten der Personalabteilung beschreiben und sogar angeben, dass Fälle von Belästigung vertuscht werden sollten. Die Aktie hat nach den Klagen um mehr als 12% verloren.
Name des Unternehmens | Activision Blizzard, Inc. |
Hauptsitz | Santa Monica, Kalifornien, USA |
Gründung | 09. Juli 2008 |
Geschäftsführung | Robert Kotick |
Mitarbeiterzahl | 9.200 (2019) |
Umsatz | 8,09 Milliarden USD (2020) |
Update vom 27.07.2021 – 08:45: Dieser Skandal wird Activision Blizzard wohl noch eine Weile begleiten. Das Unternehmen wird von der kalifornischen Behörde California Department of Fair Employment and Housing (DFEH) verklagt, die sich für faire Arbeitsbedingungen und gegen Diskriminierungen am Arbeitsplatz einsetzt. Die DFEH hat zwei Jahre eine Untersuchung bei Activision Blizzard geleitet und dabei einige unschöne Dinge ans Tageslicht befördert.
Laut einer Aussage von Chief Compliance Officer Fran Townsend seien diese Vorfälle jedoch vor „mehr als einem Jahrzehnt“ geschehen und die DFEH würde Geschichten aus dem Kontext reißen. Auch das offizielle Statement von Activision Blizzard weist jegliche Schuld von sich und sieht die Schuld beim DFEH. Das Department würde „verzerrte“ und „falsche“ Fälle aus Blizzards Vergangenheit darstellen und sich unprofessionell verhalten. Weiter heißt es: „Es ist diese Art von unverantwortlichem Verhalten seitens nicht rechenschaftspflichtiger Staatsbürokraten, die viele der besten Unternehmen des Staates aus Kalifornien vertreiben.“

Tatsächlich würde Activision Blizzard aber bereits seit Jahren an einem diverseren Management arbeiten und Angestellte müssten regelmäßig an Anti-Diskriminierungs-Trainings teilnehmen. Außerdem bemühe sich Activision Blizzard „alle Mitarbeiter für gleiche oder im Wesentlichen ähnliche Arbeit fair zu entlohnen.“ Das sehen die Mitarbeiter:innen von Blizzard und Activision jedoch anders.
Blizzard: Mitarbeiter:innen schreiben offenen Brief an Führungsetage
In einem offenen Brief haben sich nun über 800 Angestellte von Activision und Blizzard an die Führungsriege gewendet. Sie empfinden sowohl Activision Blizzards Antwort auf die Klage als auch Townsends Aussage „abscheulich und beleidigend“ (via Kotaku) und sehen ihre Werte als Angestellte nicht „korrekt in den Worten und Taten der Führung“ widergespiegelt. Ein Ausschnitt aus dem offenen Brief der Mitarbeiter:innen von Blizzard und Activision:
Die Kategorisierung der Behauptungen als „verzerrt und in vielen Fällen falsch“ schafft eine Unternehmensatmosphäre, die den Opfern keinen Glauben schenkt. Es lässt auch Zweifel an der Fähigkeit unserer Organisationen aufkommen, Täter für ihre Handlungen zur Verantwortung zu ziehen und ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem sich Opfer in Zukunft melden können. Diese Aussagen machen deutlich, dass unsere Führung unsere Werte nicht an erste Stelle stellt. Sofortige Korrekturen sind von der höchsten Ebene unserer Organisation erforderlich. Unsere Unternehmensleiter haben behauptet, dass Maßnahmen zu unserem Schutz ergriffen werden, aber angesichts rechtlicher Schritte – und der beunruhigenden offiziellen Reaktionen, die darauf folgten – vertrauen wir nicht mehr darauf, dass unsere Führungskräfte die Sicherheit der Mitarbeiter über ihre eigenen Interessen stellen werden. Zu behaupten, dies sei eine „wirklich verdienstlose und unverantwortliche Klage“, während so viele aktuelle und ehemalige Mitarbeiter über ihre eigenen Erfahrungen mit Belästigung und Missbrauch sprechen, ist einfach inakzeptabel.
Im Brief fordern die Angestellten von Blizzard und Activision nicht nur offizielle Statements, welche die Ernsthaftigkeit der Anschuldigungen anerkennen und den Opfern von Missbrauch und Diskriminierungen Mitgefühl zeigen, sondern auch den Rücktritt von Frances Townsend als Executive Sponsor des ABK Employee Women’s Network.
Trotz der derzeitigen Arbeitsbedingungen sind die Mitarbeiter:innen jedoch gewillt, mit der Führung an einem Strang zu ziehen. Im Brief fordern sie die Führungsetage auf, mit ihnen gemeinsam an „neuen und sinnvollen Bemühungen zu arbeiten.“ Gleichzeitig schreiben sie auch, dass sie weder schweigen, noch aufgeben werden, bis Activision Blizzard ein Unternehmen ist, auf das alle Angestellten stolz sein können. „Wir werden die Veränderung sein“, heißt es zum Abschluss.
Blizzard: Ehemaliger Personalchef meldet sich zu Wort – Auch Männer sexuell belästigt
Update vom 26.07.2021 – 16:45 Uhr: Nun hat sich auch ein ehemaliger Personalmanager von Activision auf TikTok in einem kurzen Clip geäußert und viele der Anschuldigungen gegen Activision Blizzard während seiner Zeit in der Firma bestätigt. Er kritisiert in dem Video den Entwickler und Publisher scharf. Kevin Meier sagt mit dem TikTok-Account „PureBullFit“: „Activision Blizzard haben in ihrer Antwort gesagt, dass sie diese Anschuldigungen nicht repräsentieren. Doch das tun sie. Es geht schon eine lange Zeit so. Schon in meiner Zeit in 2021. Ich wurde sexuell belästigt und den Frauen ging es noch schlimmer.“

Meier beschreibt außerdem, dass, nachdem eine Mitarbeiterin während einer Urlaubsfeier sexuell belästigt wurde, es für sein Team sehr schwer war, die Personalabteilung davon zu überzeugen, Schritte gegen den Verursacher zu ergreifen. Unter seinem Clip schreibt Kevin Meier: „Ja ich bin so sauer, dass mein Hals rot geworden ist. Dies ist ein Führungs- und Kultur-Problem. Das seid ihr [Blizzard Entertainment, Anm. d. Red.].“
Erstmeldung vom 26.07.2021 – 11:45 Uhr: Santa Monica – Auf den Twitterkanälen von Blizzard und Activision herrscht Funkstille. Keine Nachfrage der Fans wird beantwortet, keine Neuigkeiten werden angekündigt, egal ob zu Call of Duty oder World of Warcraft. Dabei ist das Unternehmen aus Santa Monica derzeit mehr im Gespräch als je zuvor. Grund dafür: Der Staat Kalifornien hat eine Klage gegen Activision Blizzard erhoben. Diese Klage scheint auch Auswirkungen auf die Entwicklung aller Spiele aus dem Hause Blizzard und Activision zu haben.
Blizzard: Staat Kalifornien erhebt schwere Vorwürfe aufgrund von Sexismus am Arbeitsplatz
Triggerwarnung: Suizid/sexuelle Belästigung
Activision Blizzard hat derzeit eine enorme Klage am Hals. Diese kommt direkt vom Staat Kalifornien, nachdem die Unternehmenskultur des Spieleentwicklers über zwei Jahre lang untersucht wurde. Daraus resultieren nun schlimme Vorwürfe gegen Blizzard und Activision mit Sitz in Santa Monica, Kalifornien. Laut der Klageschrift herrsche im Unternehmen eine sexistische Unternehmenskultur, die Frauen absichtlich benachteiligt. Außerdem sei die Arbeitsplatzkultur eine „Brutstätte für Belästigungen und Diskriminierungen von Frauen“, in der Klage als „pervasive frat boy culture“ bezeichnet.

Aus der Untersuchung geht hervor, dass Diskriminierungen und Missbrauch bei Blizzard und Activision wohl an der Tagesordnung sind. So sollen männliche Kollegen alkoholisiert durch das Büro gekrabbelt sein und dabei teilweise Frauen begrapscht haben. Auch sollen die Männer Zeit zum Zocken von Videospielen bekommen haben, während sie ihre offenen Aufgaben an ihre Kolleginnen oder Assistentinnen abgegeben haben.
Des Weiteren sollen angestellte Männer nicht nur unangemessen über romantische Beziehungen und weibliche Angestellte gesprochen, sondern auch über Vergewaltigungen und Missbrauch gescherzt haben. In einem Fall ging die sexuelle Belästigung so weit, dass sie offenbar zum Suizid einer Angestellten während einer Geschäftsreise führte.
Blizzard: Arbeit an World of Warcraft liegt still – Designer nimmt Activision in die Mangel
Seitdem Activision und Blizzard die Klage vom Staat Kalifornien erhalten haben, ist es verdächtig ruhig auf den offiziellen Kanälen geworden. Weniger still ist es dabei auf den Twitter-Kanälen der Angestellten, wie beispielsweise Jeff Hamilton. Hamilton ist Senior System Designer bei World of Warcraft und schrieb am 24. Juli, dass derzeit kaum an WoW gearbeitet wird.
In einem langen Thread beschreibt Hamilton seine Erfahrungen bei Blizzard und während er sich nicht beklagen kann, ist es für ihn „VERDAMMT OFFENSICHTLICH, dass diese Erfahrung nicht universell war.“ Hamilton ist ebenfalls mit der offiziellen Aussage von Activision unzufrieden und unterstützt diese, nach eigener Aussage, in keiner Weise.
Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe nicht alle Antworten. Ich kann euch sagen, dass derzeit fast keine Arbeit an World of Warcraft geleistet wird, während diese Obszönität abläuft. Und das nützt niemandem - nicht den Spielern, nicht den Entwicklern, nicht den Aktionären.
Während Hamilton noch nach Lösungen sucht, sei es Activisions Ansatz, „eine Gruppe von Weltklasse-Entwicklern [...] so wütend und traumatisiert [zu] mach[en], dass sie nicht in der Lage sind, weiterhin ein großartiges Spiel zu entwickeln.“ Dazu hat sicherlich auch die Aussage von Fran Townsend, Chief Compliance Officer von Activision, beigetragen.
Sie sendete Berichten zufolge (via GameRant) eine interne E-Mail, mit der Aussage, dass die Klage „ein verzerrtes und unwahres Bild [des] Unternehmens, einschließlich sachlich falscher, alter und aus dem Zusammenhang gerissener Geschichten – einige von vor mehr als einem Jahrzehnt“ aufbauschen würde.
Wann es bei World of Warcraft oder auch den anderen Titeln wie Overwatch 2 oder Diablo 4 weitergeht, wird die Zeit zeigen. Erst Anfang Juli gab es ein Entwickler-Update zu Diablo 4, das mehr an Diablo 2 erinnern soll. Vielleicht wird sich der Release hierfür aufgrund der Klage verschieben. Bleibt abzuwarten, wann die Blizzard-Entwickler:innen ihrer Arbeit wieder wie gewohnt nachgehen können.