Test: Tomb Raider: Definitive Edition
Schon im Vorfeld musste sich Hersteller Square Enix viel Häme gefallen lassen. Was das denn überhaupt solle, das Spiel gäbe es doch schon – eine optische Frischzellenkur würde eine Neukauf in keinem Fall rechtfertigen, sogar von übler Abzocke war die Rede. Nun konnte sich die ingame-Redaktion selber ein Bild vom „neuen“ Tomb Raider machen, und kommt es dem Staunen kaum mehr heraus. Lest hier, warum!
Da klappt die Kinnlade
Schon im Anfangsgebiet wird dem geneigten Zocker schnell klar: Das ist deutlich mehr, als eine optische Aufbereitung. Nicht nur Lara selbst, kommt mit einem komplett neuen Polygonmodell daher, auch die Spielumgebung wurde an allen Ecken und Enden ordentlich aufgebrezelt. Auf der Haut der neu gestalteten Protagonistin sind Blut, Schlamm und andere Verschmutzungen oder Verletzungen nun deutlich zu erkennen. Das war vorher schon ähnlich, doch nun könnt ihr richtige Krusten, Schorf und Verklebungen regelrecht sehen – das macht, besonders in den Nahaufnahmen, optisch eine Menge her.
Doch auch die verschiedenen Spielumgebungen wurden gehörig aufgemotzt: Das Layout ist zwar das Gleiche geblieben, doch die Lichteffekte wurden viel stärker aktzentuiert, die Umgebungen wirken dadurch nun noch deutlich plastischer und greifbarer. Gischt, Rauch, feine Nebelschwaden, im Wind wiegende Bäume. All das konntet ihr so vorher in Tomb Raider noch nicht geniessen - auch nicht in der PC-Version mit der höchsten Einstellung (Ultra).
Und was ist mit den Frames?
Sind sich die beiden Versionen für Playstation 4 und Xbox One optisch ziemlich ähnlich, kommt ein großer Unterschied bei der Darstellungsgeschwindkigkeit heraus: Während die Version für die Xbox One – ausgehend von 30 Bildern pro Sekunde – manchmal sogar nur 28 Frames per second erreicht, läuft die Version für die Playstation 4 meistens mit 60 Bildern pro Sekunde, bricht bei optisch aufwendigen Szenarien aber mitunter bis auf 45 Frames ein.
Dennoch wirkt die Version für die PS4 insgesamt bildruhiger, schneller und optisch ein ganz klein wenig eindrucksvoller. Von der Darstellungsgeschwindigkeit profitiert auch – die schon vorher sehr gute – Steuerung. Die Lauf – und Sprungmanöver sind nun auch noch punktgenauer, wirkt noch direkter und knackiger.
Alles besser?
Um es kurz zu machen: Ja! Schon vor dem grafischen Update für die Next-Gen-Konsolen, war Tomb Raider ein ausnehmend gutes Actionspiel. Daran hat sich nichts geändert. Die optischen Verbesserungen lassen aber nun ein noch besseres, schnelleres und grafisch deutlich imposanteres Spielgefühl entstehen. Selbst wenn ihr das Spiel schon einmal durchgespielt habt, solltet ihr in Erwägung ziehen, euch diese Version noch einmal zu Gemüte zu führen.
Kennt ihr das „neue“ Tomb Raider noch nicht und seid Fans von gut inszenierten Actionspielen á la Uncharted, ist das Spiel ein „no brainer“ – heißt: Ihr müsst gar nicht lange nachdenken, sondern könnt es euch beruhigt kaufen. Wie schon eingangs erwähnt, greift zur Version für die Playstation 4, wenn ihr die Chance dazu habt, aber auch auf der Xbox One wird euch ein richtig gutes Spielerlebnis serviert.
Lara Croft kennen die meisten unter euch als eine mit allen Wassern gewaschene Abenteuerin. In Tomb Raider dekonstruiert Entwickler Crystal Dynamics ihre einstige Ikone jedoch selbst. Statt einer erfahrenen Abenteuerin bekommt ihr es hier mit einer jungen, unerfahrenen Archäologin zu tun, die sich ihre ersten Sporen verdienen muss. Doch genau dieser Schritt verhilft der einstigen Vorzeigemarke wieder zu neuem Aufwind.
Expedition zur Selbstfindung
Frisch aus dem Studium treibt es die 21-jährige Lara auf ihre erste Expedition. Zusammen mit ihrem Mentor Conrad Roth unterstützt sie die Forschungen des bekannten Archäologen Dr. Whitman. Dieser ist auf der Suche nach einem sagenumwobenen Königreich inmitten der japanischen See. Doch bereits wenige Tage nach Ablegen sorgt ein starker Sturm dafür, dass ihr Schiff vor einer geheimnisvollen Insel auf Grund läuft. Lara überlebt das Unglück, wird allerdings von Unbekannten verschleppt. Allein und schwerverletzt muss sie fortan um ihr Überleben kämpfen und einen Weg von der geheimnisvollen Insel finden.
Crystal Dynamics lag es am Herzen, ihre Heldin nahbar und menschlich erscheinen zu lassen. Keine hochintelligente Powerfrau mit den körperlichen Gegebenheiten einer Pornodarstellerin, sondern eine junge Frau, die durch die Geschehnisse ihrer Reisen erst zu der abgebrühten Abenteuerin heranwächst, die wir kennen. So löblich dieser Ansatz auch sein mag, darf sich das Vorhaben jetzt, mit dem fertigen Produkt, aber leider als gescheitert ansehen. Was die Handlung angeht, schafft es Tomb Raider trotz einer vom Schicksal gebeutelten Protagonistin nicht, Betroffenheit vor dem Bildschirm zu erzeugen.
Schuld an diesem Umstand tragen die wenig beleuchteten Charaktere. Über Laras gute Freundin Sam, die im Spiel eine tragende Rolle spielt und zum gestrandeten Teil des Expeditionsteams zählt, wissen wir bis zum Spielende so gut wie nichts. Genauso sieht es auf der Gegenseite aus: Der Antagonist bleibt bis zum Ende ein Unbekannter, dem zu allem Überfluss auch nur wenig Zeit auf der Bildfläche eingeräumt wird. Als emotionale Tiefschläge erdachte Wendungen verpuffen so in Sekundenschnelle und interessieren uns lediglich als Randnotiz für das weitere Geschehen. In Sachen Handlung wäre weniger wahrscheinlich einfach mehr gewesen. Eine Isoliertheit wie in Dead Space hätte die Entwickler so zum Beispiel weniger in Erklärungsnöte gebracht, und den restlichen Handlungsrahmen der Interpretation der Spieler überlassen. So aber verrennt sich die Geschichte in Gleichgültigkeit.
Wer Schatz suchet, der findet
Doch auch wenn die Geschichte als solches nicht viel hergibt, schafft sie doch zumindest die Kulisse für ein spielerisch durch und durch gelungenes Abenteuer. Orientiert wurde sich eindeutig an der Uncharted-Serie: Inszenatorisch spielt auch Tomb Raider auf Filmniveau und fängt die oftmals gescriptete Action auf dem Bildschirm in spektakulären Kamerafahrten ein. Unter den Füßen einbrechende Holzbrücken, knapp entkommenen Explosionen und Slow-Motion-Scharmützel sind sicherlich das Einmaleins des Videospielschatzsuchers, können aber immer noch gefallen. In zwei Belangen hat Lara Croft im Vergleich aber die Nase vorn: Wo Nathan Drake in Uncharted an einer Schnur in nahezu jedes archäologische Geheimnis auf seinem Weg eingewiesen wird, müssen wir in Tomb Raider unsere Entdeckungen selber machen.
Zwar folgt die Geschichte auch hier einem stringenten Weg, doch die Schauplätze sind angenehm weitläufig und enthalten zahlreiche Geheimnisse. Wir können Tiere jagen, Pflanzen sammeln oder Bergungsgut aufspüren um Erfahrungspunkte zu sammeln oder Waffen aufzubessern, wir können Schätze, Tagebücher und optionale Grabstätten entdecken oder uns an ortsspezifischen Herausforderungen, wie das entzünden von fünf Statuen, versuchen. Das fördert den Erkundungsdrang und hilft dabei, dass Spielprinzip immer mal wieder aufzulockern. Hinzukommt eine Prise „Metroidvania“: Erst mit bestimmten Utensilien, die wir später im Spiel erhalten, können bestimmte Barrikaden aus dem Weg geräumt werden, um an weitere Gegenstände zu kommen.
Innerhalb des Handlungsstrangs arbeiten wir uns an spektakulären Kletterpassagen, kleinen Erkundungstouren und gelungenen Schusswechseln entlang. Letztere funktionieren auf bekannte Art und Weise. Wir erwehren uns den Feinden, suchen Deckung oder gehen in den Nahkampf. Großartig hierbei: Wo wir uns in artverwandten Spielen durch einen Tastendruck in Deckung begeben, erledigt Frau Croft diesen Dienst selbstständig. Sind Gegner in der Nähe, müssen wir unsere Heldin lediglich in die Nähe des Schutzes bugsieren, schon verschanzt sie sich daraufhin und lugt nur beim Zielen hervor. In unseren Augen dürfte dieses Prinzip gern zur gängigen Praxis werden. Ebenfalls gelungen: Auch wenn unsere Heldin nicht so verletzlich ist, wie von den Entwicklern gern angepriesen, reichen in der Regel doch nur wenige Treffer, um uns die Lebenslichter auszublasen. So schwingt jederzeit latente Gefahr als Spielgefühl mit.
Imposantes Inselidyll
Auch wenn der Schauplatz alles andere als ein Idyll darstellen will, würden doch einige Panoramen des Spiels das perfekte Motiv für Postkarten liefern. Zum Beispiel eine von Schiffswracks gesäumte Küste im Sonnenuntergang, an dessen Fuße enorme Wellen brechen, oder eine Tempelanlage, die im blendenden Tageslicht wie eine uneinnehmbare Festung wirkt. Die Gebiete beeindrucken dabei mit natürlicher Ästhetik und Detailreichtum. Die Insel wirkt lebendig und real. Etwas, das wir von ihren Bewohnern leider nicht behaupten können. Primär ist das den Gesichtsanimationen zuzuschreiben, denen es leider etwas an Emotionalität und Ausdrucksstärke fehlt. Im optischen Gesamtbild sicherlich nur ein kleiner Patzer, gerade in Bezug auf die Handlung aber leider ein folgenschwerer.
Unsere Gegenspieler verhalten sich zum Großteil klug, locken uns mit Brandpfeilen und Granaten aus der Deckung, starten Nahangriffe und weichen unseren Schüssen geschickt aus. In einigen Situationen wiederum, verlieren sie recht schnell ihren Schneid. Positionieren wir uns zum Beispiel auf einem erhöhten Plateau und eröffnen das Feuer, passiert es des Öfteren, dass die Angegriffenen zwar reagieren, nicht aber auf die Idee kommen, nach oben zu blicken. Einige Ungereimtheiten lassen sich auch in der Spiellogik entdecken, die die Glaubwürdigkeit der Handlung untergraben. Wenn die „ach so verletzliche“ Lara in eine Bärenfalle tappst, wenige Sekunden später aber schon wieder hüpft, klettert und herumtollt wie ein junges Reh, können wir dem Leidensweg der jungen Croft eigentlich nur noch mit einem Augenzwinkern gegenüberstehen.
Mehrspieler-Modus
Der Mehrspielermodus stand uns im Rahmen des Tests leider nicht zur Verfügung. Sobald wir die Möglichkeit haben, reichen wir unsere Eindrücke an Ort und Stelle nach!
„Redaktions Tipp“-Disclaimer: Endlich ein Abenteuer, das den Namen auch verdient hat!