ZDF: Protestwelle nach Nazi-Gamer Reportage — YouTuber solidarisieren sich
Das ZDF hatte in seinem Magazin frontal21 über gewaltbereite und rechtsextreme Gamer berichtet. Der Sender hat eine Protestwelle losgetreten. Auch viele YouTuber reagieren.
- frontal21 vom ZDF hat die Reportage „Nazi Gamer? Wie Rechte die Gaming-Kultur unterwandern“ veröffentlicht.
- In der Doku vom 20. November versucht das ZDF aufzuzeigen, wie Rechte die Gaming-Kultur auf verschiedenen Wegen infiltrieren können.
- Die Reportage erntet viel Kritik, unter anderem auch von YouTuber KuchenTV.
Update vom 26. November: Die Reportage schlägt hohe Wellen, denn neben KuchenTV haben sich nun noch weitere Streamer, Influencer und YouTuber dazu geäußert und Kritik geübt. Prominentestes Beispiel: Space Frogs. Die beiden YouTuber sind bekannt für witzige Videos und nehmen auch mal das ein oder andere Format, Promi-Sternchen und Thema in die Mangel. Nun äußern sie sich auch zur ZDF-Reportage.
Titel | Wie Rechte die Gaming-Kultur unterwandern |
Veröffentlichungsdatum | 20. November 2020 |
Format | Reportage |
Programm | frontal21 |
Sender | ZDF |
Dabei kommt die Reportage, ebenso wie bei KuchenTV, auch bei den Weltraumfröschen nicht gerade gut weg. Tendenziell sprechen die beiden YouTuber in ihrem Video die gleichen Punkte an, wie KuchenTV auch: das Thumbnail ist übertrieben (Space Frogs nutzt es dann jedoch selbst auch für ihr Thumbnail), frontal hat Interviews gecuttet, frontal21 hat vor einigen Jahren die schlechten Killerspielreportagen veröffentlicht und natürlich generalisiert auch jetzt die ZDF-Reportage wieder alle Gamer. Sehen wir uns die Kritikpunkte von Space Frogs einmal an.
KuchenTV vs. ZDF: YouTuber Kollegen solidarisieren sich – frontal21 Reportage wird zerfleischt
Die Space Frogs gehen auf viele Punkte der frontal21 Reportage ein, insbesondere darauf, dass das ZDF alle Gamer generalisieren würde und aussagt, dass „Gaming problematisch ist, weil Terroristen gezockt haben.“ Tatsächlich sagt die Reportage das so jedoch nie, sondern verdeutlicht, dass einige Attentäter Spielprinzipien bei Anschlägen nutzen, um ihre Taten so wie ein Spiel wirken zu lassen und andere zu motivieren, ihren „Highscore“ zu überbieten.
Space Frogs machen sich zudem darüber lustig, dass die Interviewpartner in der Reportage selbst aussagen, dass Gaming kein Nazi-Problem hat, sondern Subkulturen teilweise Codes und Spiele mit rechtsextremem Hintergrund nutzen. Unserer Meinung nach stellt die Reportage sich hier ganz klar auf die Seite der Gamer und beweist den Zuschauern, dass eben nicht die gesamte Gamingkultur ein Problem hat. Somit verallgemeinert das ZDF nicht, sondern stärkt die These, dass nicht alle Gamer über einen Kamm zu scheren sind und man nicht von den einzelnen Attentätern auf die gesamte Community schließen kann und darf.
Berechtigterweise kritisieren Space Frogs und KuchenTV jedoch, dass die Steam-Profile mit dem Namen Breivik nicht darauf schließen lassen, dass diese Profile rechtsextrem sind. Auch bei unserer Recherche konnten wir auf Steam keine Gruppen finden, die „Breivik verehren“ – wie das in der Reportage gesagt wird. Lediglich ein Profil erscheint uns verdächtig, welches auch der Gaming-Experte Christian Huberts aus der Reportage in einem Tweet verdeutlicht:
KuchenTV vs. ZDF: Berechtigte Kritik an frontal21 Reportage? ZDF bezieht Stellung
Ja, viele Gamertags und Nutzernamen sind satirisch, witzig oder definitiv nicht ernst gemeint. Trotzdem kann man Gamer sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, das einige Namen nicht genutzt werden sollten – auch nicht als Scherz. Immerhin darin sind sich KuchenTV und frontal21 einig, denn in einem neuen Meinungsvideo geht der YouTuber auf die Stellungnahme des ZDF zu seiner Kritik an der Reportage ein. Auch die Punkte bezüglich der GTA-Nachstellung und zu Gamergate sind, sowohl von KuchenTV als auch von den Space Frogs, teilweise berechtigt. Gamergate ist zu knapp und kurz angerissen und dem Zuschauer wird nicht unbedingt klar, wieso die Reportage von Rechtsextremismus auf Sexismus schwenkt, um dann wieder zu Rechtsextremismus überzugehen.
Im Umkehrschluss aber zu sagen, Sexismus „ist so ein Thema, das wir immer nur aus zweiter Hand mitbekommen“ ist problematisch, denn da beide Space Frogs männlich sind, sind sie statistisch gesehen weitaus seltener Opfer von Sexismus als weibliche Streamer und Gamer. Ihre Kollegin Sissor bestätigt sogar in der ZDF-Reportage, dass sie Opfer von Hate aufgrund von Sexismus im Netz ist. Space Frogs spielt das Sexismus-Problem mit ihrer Aussage im Video herunter, anstatt es ernst zu nehmen.
Sind alle Gamer Rechtsextreme oder Killer, weil sie Ego-Shooter oder andere Spiele zocken? Nein, natürlich nicht. Gibt es Bewegungen, die Games nutzen, um Spieler eventuell für ihre politische Agenda zu begeistern? Ja, sicherlich einige (und sicherlich nicht nur rechte Strömungen), wie viele ist schwer zu sagen. Frontal21 zeigt einige Beispiele auf, wie Rechte bereits jetzt Spiele oder Gamification für ihre Zwecke nutzen und sensibilisiert die Zuschauer somit, diese erkennen zu können, anstatt sie nur als „lustiges Jump´n´Run“ oder schwarzen Humor zu betiteln. Die Kritik von Gamern ist trotzdem angebracht und dank dieser haben Medien nun die Chance, ihre Berichterstattung zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Erstmeldung vom 25. November: Hamburg, Deutschland – frontal21, das investigative Politmagazin vom ZDF, produziert für seine Zuschauer regelmäßig Analysen, Reportagen und Hintergründe zu aktuellen Themen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Am 20. November hat das ZDF-Magazin eine Reportage, unter anderem auf YouTube, veröffentlicht, in welcher untersucht wird, ob und wie Rechte die Gaming-Szene unterwandern. Dabei interviewt und beleuchtet das Format nicht nur eine Seite, erntet aber trotzdem viel Kritik – insbesondere von YouTuber KuchenTV.
Rechte Gaming-Szene: ZDF-Reportage verallgemeinernd und einseitig? YouTuber übt harsche Kritik
Die ZDF-Reportage beginnt damit, dass Gaming und Medien bisher ein schwieriges Verhältnis hatten. Das bestreitet die Reportage auch nicht, sondern untermauert gleich zu Beginn, dass es Probleme in der sachlichen Darstellung von Games gab und macht mit diesen Aussagen deutlich: frontal21 möchte sachlich und ausgewogen über das Thema berichten. Relativ schnell lassen sie den Gaming-Experten Christian Huberts zu der Thematik äußern: „Die Gaming-Kultur hat kein Nazi-Problem, aber einzelne Subkulturen der Gaming-Kultur haben sicherlich ein Problem damit, dass dort einerseits Codes aus dem Rechtsradikalismus Verwendung finden oder eben auch Spiele produziert werden, die ganz klare rechtsextreme Agenda verfolgen.“
Eines dieser Spiele mit rechtsextremer Agenda wird auch in der ZDF-Reportage angesprochen. Bei diesem „patriotischen Jump ´n´Run“, wie das Game auf der eigenen Seite beschrieben wird, kann man mit Figuren, wie dem AfD-Mitglied Björn Höcke, welcher gerade unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, oder Alex Malenki, ein Mitglied der identitären (und rechtsextremen) Bewegung, gegen Endgegner wie Jan Böhmermann oder auch das ZDF – also die „bösen“ Mainstream-Medien – spielen. Malenki wird in der Reportage sogar interviewt, um seine Sicht der Dinge darzustellen und somit nicht einseitig Bericht zu erstatten.
Der YouTuber KuchenTV übt bereits bei der Berichterstattung über Heimat Defender harsche Kritik an der ZDF-Reportage. Seiner Meinung nach ist das Spiel ein reines „Troll Game“, das nur Aufmerksamkeit generieren will und dies, dank dem ZDF, nun auch schafft. Darauf hat das ZDF auch bereits reagiert und kontert:
Über die Thematisierung des identitären Spiels haben wir lange diskutiert. Man kann durchaus der Überzeugung sein, dass dem Spiel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wir haben uns redaktionell anders entschieden und versucht, das strategische Kalkül dahinter offenzulegen. Da wir sowohl das Spiel, als auch die metapolitischen Strategien dahinter, einordnen, haben wir in unseren Augen einen vernünftigen Zugang gefunden.
Rechte Gaming-Szene: ZDF reagiert auf Kritik und räumt Fehler in Berichterstattung ein
Doch KuchenTV hat noch weitere Kritikpunkte, denn laut einer Direct Message auf Instagram von sissorstream, sollen deren Aussagen in der Reportage geschnitten und aus dem Kontext gerissen worden sein. Sissor äußerte sich in der ZDF-Reportage unter anderem zu Hass-Kommentaren, die sie teilweise erhält, nur weil sie weiblich ist.
Für den Frauenhass in der Gaming-Szene führt das ZDF auch die Aussage von MontanaBlack an, dass „Frauen wie Hunde seien“. Auch hier wurde nach KuchenTV zuviel gecuttet und aus dem Kontext gerissen. Zuletzt kritisiert KuchenTV unter anderem auch, dass Usernamen auf Steam, wie „kebabremover“ oder „jewkiller“ nur schwarzer Humor wären und man nicht vom Namen darauf schließen könne, dass die Profilersteller rechtsextreme Tendenzen hätten.
Dazu äußert sich das ZDF ebenfalls und gibt zu, dass Sissor´s Aussagen im Video nicht ausreichen, verneint jedoch, ihre Aussagen aus dem Kontext gerissen zu haben. Auch MontanaBlack´s Aussage ist nach dem Ausschnitt, den das ZDF zeigt, nicht weniger frauenverachtend und der Streamer war schließlich erst im September aufgrund von Frauenhass 33-Tage auf Twitch gebannt. Und auch zu den fragwürdigen Usernamen hat das Format eine Antwort für KuchenTV:
Übrigens lassen Namen wie „kebabremover“ und „jewkiller“ keinen Raum für Spekulationen: Das ist menschenverachtend und genauso benennen wir das auch. Ebenso haltlos sind die Vergleiche, dass Mörder, die ihre Taten gamifiziert haben, ja „auch Brot essen”. Die Attentäter haben nicht nur zufällig auch Videospiele gespielt, sondern gamifizierte Elemente in ihre Anschläge eingebaut. Das ist eine super kleine Zahl von Menschen - die sehr großes Leid verursacht haben. Wir finden es wichtig, das zu thematisieren.
Die ZDF-Reportage hätte sicherlich in einigen Punkten besser arbeiten können, verallgemeinert unserer Meinung nach aber nicht die Gaming-Szene, so wie KuchenTV das in seinem Video aussagt. Unserer Meinung nach stellt die Reportage gut dar, über welche Wege Rechtsextreme Games und Gamerforen nutzen können, um ihr Gedankengut zu verteilen. Das bedeutet aber noch lange nicht – und ist auch nicht die Aussage der Reportage – dass alle Gamer Nazis oder Attentäter sind.
Was sagt ihr zur ZDF-Reportage und zur Kritik von KuchenTV?
Disclaimer: Dieser Artikel beinhaltet eigene Meinung und soll sämtliche Perspektiven der Rechtsextremismus-Debatte im Gaming aufzeigen. Wir distanzieren uns ausdrücklich von rechtsextremen, homophoben oder fremdenfeindlichen Aussagen und Gesinnungen, denn Hass hat bei uns keinen Platz.