Zelda Tears of the Kingdom: Link ist keine Hülle mehr – Gebt ihm eine Stimme, Nintendo
Seit 36 Jahren durchleben wir mit Link die verschiedensten Abenteuer. Doch auch in Zelda Tears of the Kingdom ist ihm wohl keine Stimme vergönnt.
Hamburg – Eingekuschelt unter einer Decke, mit einem warmen Kakao in der Hand habe ich gespannt die letzte Nintendo Direct verfolgt. Und dann passierte es. Wir bekamen endlich einen zweiten Trailer zu Tears of the Kingdom. Vollgestopft mit jeder Menge wunderschönem Gamedesign und spannender Action könnte man meinen, ich hätte alles bekommen, was ich wollte, doch dem war nicht so. Denn eigentlich wollte ich nur eins - endlich Links Stimme hören.
Link, der stille Protagonist – Ich kann es nicht mehr nicht hören
Da war doch was? Erstmal stoppen wir hier kurz, bevor mit Mistgabeln auf mich losgegangen wird. Ja, mir ist klar, dass Link in seinen fast 40 Jahren Videospielgeschichte schon reden durfte. Und ja, mir ist auch bekannt, dass Link sogar in einer Zeichentrickserie synchronisiert wurde. Aber diese Versuche entpuppten sich leider als totales Fiasko.
Das liegt allerdings nicht an dem Fakt, dass Link spricht, sondern an dem was er sagt. In der Serie ist Link nämlich einfach nur eine Mischung aus einem trotzigen Kind und dem zwielichtigen Onkel auf Familienfesten. Und sind wir ehrlich: bei dem Satz „Well, excuHuse me, Princess“ stellen sich wohl mittlerweile jedem die Nackenhaare auf. Und mit den drei CD-i Spielen, die Philips für die Reihe produzieren durfte, müssen wir wohl gar nicht erst anfangen. Denn das komplett verkorkste Writing und Gamedesign dieser Games hätte auch ein stiller Link nicht retten können.

Aber genug davon, denn ich möchte über den Link reden, den wir alle lieben – dem Link aus den Hauptspielen der Zelda-Reihe. Früher war der Grund für Links Schweigen ganz technischer Natur, doch spätestens seit Breath of the Wild wissen wir, Nintendo kann Synchro, und wie! Jeder der beliebten Charaktere durfte sich in emotionalen Cutscenes alles vom Herz reden, nur einer nicht, und zwar der Protagonist des Spiels. Und ich frage mich nur, warum Nintendo?
Breath of the Wild lässt Link leise, das funktioniert aber nicht
Es funktioniert nicht mehr: Die Cutscenes in Breath of the Wild haben dem Spiel eine ganz neue Dimension verpasst. Dabei hat Nintendo sorgfältig darauf geachtet, dass die Stimmen der Charaktere auch wirklich zu den jeweiligen Figuren passen. Emotionen werden durch jeden kleinen Tonwechsel in der Sprache glaubhaft vermittelt und so schaffte es der eine oder andere Dialog mir Tränen in die Augen zu treiben.
… Obwohl, vielleicht ist Dialog das falsche Wort. Oft genug lauschen wir nur einem Monolog, während Link in die Luft starrt und so aussieht, als würde er sich fragen, ob irgendjemand sein Netflix-Abo gekündigt hat, als er die letzten 100 Jahre im Schrein verpennt hat.

Mir geht es gewaltig auf den Keks, dass ich in unvertonten Dialogoptionen mit Link sogar frech antworten kann, aber sobald es mal ans Eingemachte geht, kommt nichts über seine Lippen. Links (wenigen) Reaktionen wirken für mich dadurch sehr unnatürlich und man könnte denken, er möchte am liebsten gar nicht vor Ort sein. Ein bisschen so, als müsste man auf der Hochzeit eines entfernten Bekannten, dem beschwipsten Schwager erklären, warum man heutzutage Schokokuss sagt. Und man stellt sich nur ständig die Frage: Wie bin ich hier reingeraten?
Zugegeben, dass stille Protagonisten durchaus funktionieren, zeigen uns sehr eindrucksvoll Spiele wie Elden Ring oder Dark Souls, allerdings ist hier auch der Fokus anders gesetzt. Die Figuren werden nur wenig bis gar nicht charakterisiert und so wird es Spielern einfach gemacht, sich mit den Protagonisten zu identifizieren oder in ihre Rolle zu schlüpfen. In der Zelda-Reihe hat sich das allerdings geändert, sogar die Prinzessin selbst beschreibt Link in ihren Tagebüchern als schüchtern.

Und wirklich jeder hat bei dem Wort „Link“ doch sofort den sympathischen Helden mit der grünen Mütze im Kopf. Und während man in älteren Spielen der Reihe noch den Namen des Charakters anpassen konnte, ist das in Breath of the Wild auch nicht mehr möglich. Link ist also nicht mehr nur eine Protagonisten-Hülle für Spieler, sondern ein eigener etablierter Charakter und ich finde, das hat eine eigene Stimme verdient, Nintendo!
Nintendos Ausreden reichen mir nicht als Rechtfertigung
Nintendo macht es sich leicht: Im Spiel hat es sich das japanische Entwicklerstudio dann allerdings sehr einfach gemacht. Links Schweigen wird nämlich damit erklärt, dass er still und leise jede Last auf sich nimmt. Diese Erklärung genügt mir aber nicht. Und mir genügt es auch nicht, dass der Projektmanager der The Legend of Zelda Reihe, Eiji Aonuma, gesagt hat, dass Links Schweigen seine Individualität unterstreicht. Meiner Meinung nach könnte Link nämlich gerade durch das Äußern seiner Gedanken nochmal stark an Persönlichkeit hinzugewinnen.
Und klar, ich möchte nicht, dass ich am laufenden Band von Link zugequasselt werde wie in Forspoken. Ich möchte einfach, dass Link in den richtigen Momenten die richtigen Dinge sagt und der Geschichte und ihm als Charakter somit mehr Impact verleiht. Ein einfaches „Wir schaffen das“ hat doch noch niemandem geschadet, oder?

Für mich wirkt es so, als hätte Nintendo Angst und das ist verständlich, denn einer der ikonischsten Figuren der Videospielgeschichte plötzlich eine Stimme zu verpassen, birgt logischerweise eine gewisse Fallhöhe. Und dass man Fans eines Franchise durch eine Stimme leicht enttäuschen kann, wurde uns kürzlich erst durch den Trailer zu Super Mario gezeigt. Dort wurde nämlich Mario mit der Stimme von Chris Pratt versehen. Das wirkte allerdings so fehl am Platz, dass es für diese Entscheidung heftig Kritik hagelte. Aber ich denke, das könnt ihr besser, Nintendo.
Nur damit es niemand falsch versteht, ich liebe Breath of the Wild und ich freue mich auch riesig auf Tears of the Kingdom. Ich werde wieder für Wochen in die Welt von Hyrule abtauchen und täglich ganz akribisch jeden meiner knapp 20 Zelda-Amiibos einscannen, um bloß keine extra Items zu verpassen. Trotzdem bleibt bei all der Vorfreude dieser eine Wunsch – endlich Links Stimme zu hören.