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Dead Space: Nicht das Remake, das wir brauchen – Aber das Remake, das wir verdienen

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Von: Joost Rademacher

Vor 14 Jahren gab EA uns den schlimmsten Sci-Fi-Horrortrip seit Alien – Zeit für eine Wiedervereinigung. Kann das Dead Space Remake uns wieder ganz machen?

Hamburg – In den letzten 15 Jahren sind Videospiele immer langlebiger geworden. Sie werden länger gespielt, die technischen Fortschritte von Generation zu Generation werden immer marginaler. Das originale Dead Space von 2008 spielt sich als Beispiel heute noch fast genauso gut wie damals. Da braucht es doch kein Remake, oder? Dass Motive Studio den Horror-Klassiker neu auflegt, wäre vielleicht nicht nötig gewesen. Nachdem ich es jetzt aber gespielt habe, bin ich umso glücklicher, dass sie es trotzdem getan haben. Lasst mich euch zurück auf die USG Ishimura entführen.

Name des SpielsDead Space
Release27. Januar 2023
EntwicklerMotive Studio
PublisherElectronic Arts
PlattformPC, PS5, Xbox Series X|S
GenreSurvival-Horror

Dead Space Remake: Wie legt man Perfektion neu auf?

Als das OG-“Dead Space“ 2008 erschien, versetzte es der Gaming-Welt spontan einen kollektiven Schock. Das Horror-Genre war natürlich seit Jahren schon etabliert. Dass aber ein westliches Studio tatsächlich ein Spiel rausbrachte, das mit den Genregrößen der japanischen Studios auf Augenhöhe stehen konnte, war damals eine echte Neuheit. Dead Space war praktisch konkurrenzlos, wenn es um Brutalität, starkes Worldbuilding und blanken, höschendurchnässenden Terror ging. Nicht umsonst ist Dead Space ganz weit oben in unserer Liste der besten Horrorgames aller Zeiten.

Dead Space Key Art
Dead Space: Nicht das Remake, das wir brauchen – Aber das Remake, das wir verdienen © Electronic Arts / Motive Studio

Wie geht man die Dinge also an, wenn man eine praktisch kaum gealterte Vorlage für das Jahr 2023 auffrischen soll? Klingt ein bisschen, als müsste man gut gereiften Scotch mit unnötig vielen Zutaten verhunzen, nur um einen bunten Cocktail draus zu machen. Zum Glück erweist Motive Studio sich als fähiger Gaming-Bartender und weiß, mit einem guten Tropfen respektvoll umzugehen. Das Remake von Dead Space ist eher ein dezenter Old Fashioned als ein Burbon Marmelade Mint Smash. Was das Original gut macht, steht im Rampenlicht – alle weiteren Zutaten helfen nur, es glänzen zu lassen.

Dead Space Remake: Wenn‘s dir schon gefällt, mach‘s nicht neu

Die Story von Dead Space hat Motive Studio in sehr weiten Teilen unangetastet gelassen. Die Geschichte von Isaac Clarkes fürchterlichem Betriebsausflug auf die USG Ishimura erzählt das Remake praktisch Schlag für Schlag nach, da muss man nicht ins Detail gehen. Erweitert wird das Storytelling aber durch neue Lore und Nebenquests, die oft nahtlos ins originale Konstrukt verbaut sind. Wer Dead Space also nie gespielt hat, dürfte von den neuen Abschnitten gar nichts bemerken, während alte Horrorhasen sich über den ein oder anderen frischen Storyhappen freuen können.

Dead Space Screenshot aus Storysequenz
Dead Space: Vieles bleibt beim alten, nur eben schöner © Electronic Arts / Motive Studio

Was das Storytelling vor allem aber noch besser und kohärenter macht, ist die neu überarbeitete Struktur des Ganzen. Wo Dead Space früher noch in voneinander isolierte Kapitel unterteilt war, die immer in einer Monorail-Station starteten und endeten, gehen die Dinge im Remake nahtlos ineinander über. Dazu hat Motive Studio das Leveldesign der Ishimura überarbeitet und alle Bereiche des Schiffes ineinander verwoben. Eine verdammt gute Änderung. Die USG Ishimura fühlt sich noch greifbarer an, ihre einzelnen Maschinenräume, Flure und Quartiere ergeben jetzt ein sinniges Ganzes.

Dead Space Remake: Spielerisch immer noch brutal gut – Problemchen nur im Detail

Mit dieser neuen Struktur hat das Entwicklerteam sich auch im Gameplay ein wenig ausgetobt. Aber auch nur ein bisschen. Alle Waffen findet ihr jetzt in der Spielwelt, in den Shops müsst ihr nur noch Upgrades für Isaacs Anzug und die Waffen selbst kaufen. Über diese Upgrades schaltet ihr auch nach und nach erst weitere Verbesserungsmöglichkeiten an der Werkbank frei. Eine kleine Anpassung, die aber die Spielerfahrung und das etwas unübersichtliche Upgradesystem ein wenig aufräumt.

Wenn ihr euch dann durch die Horden von Necromorphs ballert, schwebt und flüchtet, ist vom Feeling her auch hier alles beim Alten. Selbst das gezielte und gewalttätige Entfernen von Körperteilen ist so chaotisch und intensiv wie eh und je. Nur fühlt sich alles bei 60 FPS im Performance-Modus eben noch ein bisschen knackiger an. In weiten Teilen spielt das Dead Space Remake sich exakt wie es sollte, mit viel Wucht und einem hervorragenden Gefühl von Panik. Nur zwei, drei Schönheitsfehler muss ich anmerken, aber Obacht, jetzt kommt Meckern auf hohem Niveau.

Dead Space Screenshot aus Kampf gegen Necromorphs
Dead Space: Ein Necromorph kommt selten allein © Electronic Arts / Motive Studio

Teilweise machen die klaustrophobischen Umgebungen der Kamera ein wenig zu schaffen. Dead Space besteht aus unzähligen sehr engen Räumen und besonders bei Türrahmen und Level-Geometrie hängt sich die Kamera gerne mal für einen Moment fest oder hakelt ein wenig umher. Kommt da noch die extreme Dunkelheit mancher Umgebungen dazu, werden die Dinge gerne mal unübersichtlich. Und warum zur Hölle gibt es bei einem Third-Person-Horrorspiel im Jahr 2023 keine Tastenkombi für eine schnelle 180°-Drehung? Aus dem toten Winkel eine verpasst zu bekommen ist manchmal einfach eher nervig als erschreckend.

Dead Space Remake: Großes Grafik-Upgrade – Da kommt richtig Stimmung auf

Wo extreme Dunkelheit ist, gibt es aber auch extremes Licht. Dank der Frostbite Engine, die auch schon in Star Wars Squadrons für spektakuläre Weltall-Anblicke sorgte, hat Motive Studio nochmal so einiges an visuellem Spektakel aus Dead Space herausgequetscht. Die Lichtstimmung sitzt in nahezu jeder Szene perfekt und überall gibt es große und kleine Aufhübschungen zu bestaunen, ohne dass die visuelle Identität der Ishimura irgendwo ins Schwanken kommt. An den Reflexionen und kleinen Details an Isaacs Anzug allein könnte ich mich kaum satt sehen. Was unter dem Helm liegt, ist dagegen streitbar.

Dead Space Screenshot aus futuristischem Raumschiff
Dead Space: Die Monster sind tödlich, aber die Vibes sind einwandfrei © Electronic Arts / Motive Studio

Isaacs neue Visage sieht ein wenig deplatziert aus, was zum Glück wenig ins Gewicht fällt, wenn er für 90 % des Spiels einen Helm aufhat. Die wesentlich größere und kontroversere Änderung ist aber das neue Voice-Acting. Das Team hat sich bei Teil 2 und 3 der Reihe bedient und dem Hauptcharakter dieses Mal eine Stimme gegeben. Hier werden sich definitiv die Geister scheiden. Ich kann euch nur empfehlen, der englischen Synchronisation eine Chance zu geben, die sich ein ganzes Stück organischer gegenüber der deutschen Sprachausgabe anfühlte.

Dead Space Remake: Ein phänomenaler Horrorklassiker, würdevoll erweitert

Am Ende ist Dead Space aber das gleiche phänomenale Horrorspiel, das es 2008 schon war – mit ähnlichen minimalen Problemchen und genau den richtigen Ausbesserungen. Die Upgrades erstrecken sich jetzt auch über das erste Durchspielen hinaus, denn Motive Studio hat dem Remake auch ein New Game+ inklusive neuem Ende spendiert. Wer das Spiel kennt, dürfte sich auch über beliebte alte Gimmicks wie „den Finger“ freuen. If you know, you know.

Und damit das klar ist, Dead Space ist und bleibt genial brutal und gruselig. Die Atmosphäre des heruntergekommenen Riesenraumschiffes sucht bis heute ihresgleichen und baut eine so gute Spannung auf, dass jeder Jumpscare, jedes Kitzeln des Fluchtreflexes absolut verdient ist. Spätestens, als ich nach dem ersten Encounter mit einem „Jäger“ den Controller erst einmal erschöpft zur Seite legen musste, war mir bewusst: Dead Space ist wieder zu Hause.

Dead Space Screenshot aus verlassener Krankenstation
Dead Space: Da fühlt man sich fast schon heimisch in der Sci-Fi-Hölle © Electronic Arts / Motive Studio

Dead Space Fazit: Nicht das Remake, das wir brauchen – Aber das Remake, das wir verdienen

Hätte Dead Space wirklich ein komplettes Remake gebraucht? Vielleicht nicht unbedingt, das Original ist immerhin wie ein feiner Whiskey gealtert. Dass Motive Studio sich aber für den Old Fashioned statt für den Burbon Marmelade Mint Smash entschieden hat, macht das Dead Space Remake zu einer mindestens würdigen, wenn nicht stellenweise sogar besseren Version des Horror-Klassikers. Wer es unter ein Mikroskop legt, wird die kleinen Unreinheiten vielleicht bemerken. Das originale Erlebnis an sich ist aber herrlich geschmackvoll umgesetzt und um ein paar sehr schöne Nuancen erweitert worden.

Egal, ob ihr die USG Ishimura schon auswendig kennt, oder euch bisher nicht in ihre Hallen getraut habt: Das Dead Space Remake ist ein frühes Highlight in einem Jahr, das ein echtes Schlaraffenland für Horrorspiele werden könnte. Verdammt, ist es gerade schön, ein Horror-Fan zu sein.

ProContra
Der Horror-Klassiker von 2008 bleibt inhaltlich nahezu komplett intaktNeue Charakterdesigns und Vertonung sind Geschmackssache
Neue Nebeninhalte, die sich praktisch nahtlos ins Gesamtbild einfügenKamera und zu dunkle Umgebungen hemmen gelegentlich den Durchblick
So brutal, düster und gruselig, wie Fans es immer geliebt habenKleine Gameplay-Annehmlichkeiten wie ein Quick Turn fehlen
Atmosphärisch immer noch eine Wucht, dank genialer Lichtstimmung und Sounddesign
Sinnvolle kleine Ausbesserungen am Upgradesystem
Performance praktisch ohne wahrnehmbare Aussetzer
Zusätzlicher Wiederspielwert dank New Game+

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