Forspoken im Test: Einmal mit Alles und Parcours
Viele hofften auf den ersten Brecher für die PS5. Im Test stellt sich Forspoken allerdings als gut gemeintes Rollenspiel heraus, das einfach zu viel will.
Hamburg – Einmal die ganze Karte bitte. Wie meinen? Einmal alles, sie haben mich verstanden. Die Küche dampft, es wird geflucht und gespuckt. Der Sous Chef zieht Kette und ascht in die Entrées. Das Fleisch außen schwarz, innen englisch, die Bohnen krachend und schaut man genau, zuckt der Fisch noch. Bon Appétit, einmal alles. Der Tisch ist voll. Beeindruckend sieht das aus, aber keine Gabel schmeckt so richtig gut. Egal ob flottes Parcours-Spektakel, massives Rollenspiel, Fantasy-Erzählung, weitflächige Open-World oder Grafikwunder – Forspoken möchte so ziemlich alles sein, ist aber nichts so ganz.
Name des Spiels | Forspoken |
Release | 24. Januar 2023 |
Publisher | Square Enix LTD |
Entwickler | Luminous Productions |
Plattform | PS5, PC |
Genre | Action-RPG |
Forspoken im Test: Das Rollenspiel verrennt sich beim Parcours
Im Grunde ist Forspoken genau das Spiel, auf das Gamer seit Jahren gewartet haben: Eine völlig neue Big-Budget-Rollenspiel-Produktion aus dem Hause Square Enix. Der endgültige Beweis, dass es doch nicht immer nur Final Fantasy sein muss. Aber scheinbar muss es das wohl doch. Denn mit dem PS5 und PC-Exklusiven Abenteuer Forspoken hat sich Square Enix und sein brandneues Entwicklerstudio Luminous Productions eindeutig verhoben. Zu viel will das Spiel auf seinen Schultern stemmen, zu viele Zugeständnisse muss Forspoken unter diesem Gewicht machen.

Worum geht es in der Story von Forspoken?
Frey ist eine New Yorkerin, mit der es das Leben nicht sonderlich gut gemeint hat. Ihre Eltern hat sie verloren, gerade wurde sie zu Sozialstunden verdonnert und ihre provisorische Unterkunft ist im Dezember nicht beheizt. Frey nimmt das normalerweise mit Galgenhumor, aber so langsam gehen ihr die Silberstreife am Horizont aus. In die Tiefe einer Häuserschlucht möchte sie sich stürzen, als sie einen mysteriösen, sprechenden Armreif findet, der sie stattdessen in das Reich Athia führt. Aber auch hier ist nicht alles gut. Das Land wird von dem „Break“ geplagt, einer dunklen Bedrohung, die sich über Athia gelegt hat. Um wieder nach New York zu gelangen, versucht Frey fortan Athia zu retten und macht sich zusammen mit Armreif Cuff auf eine Reise voller Abenteuer.
Die Kernmechanik von Forspoken ist ein Parcours-System, das dynamische Kämpfe und blitzschnelle Fortbewegung durch die Spielwelt Athia gewährleisten soll. Gerade in einem Rollenspielkontext klingt das ziemlich spannend und nach einer tollen Idee. In der Praxis beschränkt sich das Parcours-System aber nur auf einen einzigen Knopf. Den kann man gedrückt halten, um durch die Welt zu rasen oder ihn zum Ausweichen antippen. Das war es.

Selbst so runter gedampft funktioniert der Parcours in Forspoken aber mehr schlecht als recht. Da ist es spaßiger, sich die Eröffnungsszene von Casino Royale zum zwanzigsten Mal anschauen. Heldin Frey bleibt in Forspoken nämlich regelmäßig an Steinformationen hängen, springt ungewollt ins Nichts oder scheint auf die eigene Eingabe erst gar nicht zu reagieren. Ein sauberer Spielfluss oder gar Flow, wie zum Beispiel in den „Spider-Man“-Spielen von Insomniac Games, kommt so nicht zustande.
Ausgehend von diesem Mangel, lassen sich viele Probleme von Forspoken besser aufdröseln. Um dem Parcours-System genügend Raum zu schaffen, ist eine große Spielwelt notwendig. Die weite Fläche von Athia bleibt aber größtenteils leer und karg. Gleichzeitig kriegt die flotte Fortbewegungsart durch Parcours einfach nicht genug vom schmackhaften Arbeitsspeicher eurer Hardware. Ruckeln und Zuckeln sind im Quality– oder Ray-Tracing-Modus der PS5 keine Seltenheit, lieber sollte man auf den Performance-Modus von Forspoken umschalten.

Wie sieht das Gameplay von Forspoken aus?
Der Action-Aspekt von Forspoken liegt klar im Vordergrund. Im Laufe des Spiels schaltet ihr 4 verschiedene Waffensets frei, die sich alle mit zusätzlichen Skills verfeinern lassen. Bewaffnet mit diesen Fähigkeiten geht Frey dann auf die Monsterjagd, tänzelt um ihre Gegner herum und beharkt sie mit verschiedensten Zaubern. Ein Rollenspiel ist Forspoken aber nur an der Oberfläche. Abseits von Mänteln, Ketten und der Lackierung eurer Fingernägel für bestimmte Buffs, lässt sich das Erscheinungsbild von Frey nicht anpassen. Wer nur auf der Suche nach einem Action-Spiel ist, wird mit Forspoken gut zurecht kommen.
Durch das ungenaue und übersimplifizierte Parcours-System, fühlt es sich außerdem so an, als hätte man in den Kämpfen nie die volle Kontrolle über Frey. Planlos dasht man kreuz und quer über den Kampfschauplatz und setzt seine Treffer. Erschwerend hinzu kommt hier obendrein das saloppe Lock-On von Forspoken, das immer wieder den Fokus seiner Gegner verliert.
Finden eure Attacken aber ihren Weg ins Schwarze, dann kracht es immerhin ordentlich. Angriffe sind wuchtig und fühlen sich befriedigend an. Gerade auf der PS5 sind die Action-Szenen aber auch immer ein Kampf gegen die adaptiven Trigger des DualSense Controllers, die dann schnell in einem Krampf enden können. Angriffe sind auf die Trigger gelegt und bei jeder Attacke heißt es den Widerstand des Controllers zu überwinden. Perfekt, wenn man seine Zeigefinger trainieren möchte, kann man natürlich aber auch ausschalten.
Forspoken im Test: Komm mit Frey ins Abenteuerland
Erzählerisch macht Forspoken durchaus Laune. Mehr als eine durchschnittliche Fantasy-Serie aus dem Nachmittagsprogramm der 90er-Jahre sollte man aber nicht erwarten. Das „Fish out of Water“-Trope der New Yorkerin, die in ein Fantasyreich gesogen wird, ist eigentlich dermaßen ausgetreten, dass im Vergleich selbst Abenteuerland von PUR zur hohen Kunst wird. Wer es aber schafft sich darauf einzulassen, bekommt weitreichende Möglichkeiten sich in Athia zu verlieren. Überall gibt es neue Lore zu entdecken, man kann in der Geschichte dieser Welt nahezu schwimmen. Und das werden sicher auch viele Spielerinnen und Spieler mit Freude tun.

Zusätzlich strotzt Forspoken nur so vor Zwischensequenzen, die anders als in vielen Open-World-Spielen, auch wirklich inszeniert sind. Ein großes Plus. Gerade die Story-Beats sind auch das optische Highlight von Forspoken, hier kann das Spiel grafisch endlich ohne Einschränkungen auftrumpfen. Schade nur, dass alles so unglaublich gemächlich ist. Gefühlt jede Szene endet mit einer langsamen Schwarzblende oder die digitale Kamera hält fünf Sekunden zu lange auf das Geschehen. Das ist so, als würde man nach jedem Punkt in diesem Text eine kurze Lesepause machen. Das macht einfach kein Vergnügen. Gerade im Kontrast mit dem blitzschnellen Parcours-System schafft es Forspoken hier wie so oft nicht, sich zu entscheiden. Lieber schnell oder doch gemächlich?
Was bietet die Spielwelt von Forspoken?
Athia ist weitläufig und wie so viele Open-World-Games vollgepackt mit Nebenmissionen und Sammelaufgaben. Anders als in vergleichbaren Spielen könnt ihr Athia während der Hauptstory von Forspoken aber nicht immer frei erkunden. Manche Bereiche sind an bestimmte Missionen gebunden. So wird Forspoken euch zum Ende eines Abschnittes immer fragen, ob ihr bereit seid in das nächste Gebiet vorzudringen. Viele Orientierungspunkte in Athia gibt es nicht, die Map von Forspoken fällt ziemlich karg aus. Besonders ärgerlich ist daher, dass die Karte im Pausenmenü nur in der Nahansicht zu betrachten ist – die Orientierung fällt in Forspoken also oft schwer.
Der Höhepunkt dieser Langatmigkeit ist die Stadt Cipal, die letzte Festung der Menschheit. Hier schlägt Frey ihr Lager auf und auch große Teile der Story von Forspoken finden hier statt. Kehrt man nach einer Mission zurück nach Cipal, werden einem die Parcours-Fähigkeiten plötzlich wieder genommen. Schleichend langsam erkundet man die triste Stadt und redet mit NPCs, die auch ganz genau so wirken wie ein lebloser NPC. Teilweise dauern diese Besuche einen ganzen Batzen Zeit. Nicht optimal, wenn man gerade eigentlich lieber Monster verdreschen möchte, aber wieder eine halbe Stunde in Cipal festhängt.

Forspoken im Test: Fazit zum Parcours-Rollenspiel von Square Enix
Vielleicht ist es dann doch wie in PURs Abenteuerland: Der Eintritt in Forspoken kostet den Verstand. Wer es schafft sein Hirn auszuschalten, der kann in der Welt von Athia sicherlich eine Menge Freude finden. Über die Geschichte des Landes gibt es viel zu erfahren, die Kämpfe sind wuchtig und auch das Grundgerüst von Forspoken ist durchaus hübsch. Wer aber spielerisch gefordert werden möchte, Wert auf ein gutes Pacing und eine wirklich packende Geschichte legt, sollte den Schritt ins Abenteuerland nicht wagen.
Forspoken ist ein spezielles Spiel, sicher nicht für Jeden geeignet. Vieles an Forspoken, wie das Parcours-System, ist schlicht gut gemeint, aber nicht ausgeführt. Das Spiel versucht sich an so vielen Dingen, dass Entwickler Luminous Productions dabei glatt entgeht, sie auch gut umzusetzen. Forspoken will die komplette Karte im feinen Sternerestaurant sein, versteht aber nicht, dass ein guter Burger mit einer Scheibe Käse vielleicht schon ausgereicht hätte.