Ratchet & Clank: Rift Apart im Test – Schwiegermamas Liebling
Mit Ratchet & Clank: Rift Apart will Sony die Herzen der PS5-Fans erobern. In unserem Test stellt sich der Exklusivtitel als Schwiegermamas Liebling heraus.
Hamburg – Rose zwischen den Zähnen, Pomade in den gekämmten Haaren und alle Knöpfe des Kleinkaro-Hemds penibel geschlossen. Bloß nicht das Gesicht verlieren, bloß nichts falsch machen jetzt. Begrüßung immer wieder vor dem Spiegel geübt. Tom Cruise-Lächeln auf den Lippen, einmal tief einatmen, dann geht es los: „Schön dich kennenzulernen, mir wurde schon so viel von dir erzählt. Nur Gutes natürlich! Ratchet & Clank: Rift Apart mein Name, ich kenne die PS5 jetzt schon seit einem halben Jahr, genau. Wir mögen uns wirklich sehr.“ – Na, wenn das Duzen mal nicht sauer aufstößt.
Release (Datum der Erstveröffentlichung) | 11. Juni 2021 |
Herausgeber (Publisher) | Sony Interactive Entertainment (SIE) |
Entwickler | Insomniac Games |
Serie | Ratchet & Clank |
Plattform | PlayStation 5 (PS5) |
Genre | Jump 'n' Run, Third-Person-Shooter |
Ratchet & Clank: Rift Apart im Test – Zahme PS5-Features oder auch: Ein schlechter Küsser!
Es hat ganz schön lange gedauert, bis Ratchet & Clank: Rift Apart sich endlich getraut hat, Klartext zu reden. Ursprünglich sollten die beiden ungleichen Helden Spieler und Spielerinnen schon zum Release der Sony PlayStation 5 vorgestellt werden. Getreu dem Motto „Kleine Verspätungen finden wir chic“, ist es nun knapp 6 Monate später endlich so weit. Der Titel versprach im Vorfeld viel und zeigte nur seine Schokoladenseite: Zusammen mit Returnal soll Ratchet & Clank: Rift Apart das erste neue Spiel sein, das die Möglichkeiten der PS5 voll ausschöpft.

Diese Agenda merkt man beim Spielen an allen Ecken: Regentropfen prasseln dank haptischem Feedback auf den DualSense Controller wie auf Ratchets haarigen Lombax-Kopf. Waffen nutzen die adaptiven Trigger, um einen zweiten Schussmodus zu aktivieren, wenn man gegen einen Widerstand andrückt. Und die Blitz-SSD der PS5 sorgt dafür, dass von Dimension zu Dimension ohne jegliche Ladezeiten gehüpft werden kann – was für ein Fang!
Das hört sich erstmal aufregend an wie die erste große Liebe. Im Nachhinein stellt sich der saftige Zungenkuss dann aber doch als ziemlich durchschnittlich heraus. Genutzt werden die Möglichkeiten nämlich eigentlich nur, damit man damit werben kann, dass man sie ja nutzt. Hinter der Fassade der gestylten Schmalztolle verbirgt sich ein 08/15 Typ und kein verbotenes Buch mit einem Geheimnis auf jeder Seite.

Anders als es beispielsweise zum Release der PS5 das fantastische Astro’s Playroom schaffte, die neuen Fähigkeiten der Konsole spielerisch sinnig zur Schau zu stellen, ist das Ganze bei Ratchet & Clank: Rift Apart nur ein fauler Liebestrunk: All die tollen PS5-Features sind reiner Selbstzweck ohne jeglichen Mehrwert. Das ist tatsächlich ziemlich schade, bietet die bunte Welt von Ratchet & Clank doch zahlreiche Möglichkeiten, die neuen Fähigkeiten kreativ einzusetzen. Stattdessen ordert Entwickler Imsomniac die Nummer von der Karte, die sie jedes Mal im Restaurant bestellen: Altbewährt, aber irgendwie auch ein bisschen feige.
Ratchet & Clank: Rift Apart im Test – Worum ging es in der Story noch gleich?
Aber es kommt ja hauptsächlich auf die inneren Werte an, das wissen wir alle. Hier kann Ratchet & Clank: Rift Apart mit der Standfestigkeit einer Eiche punkten. Solide beschreibt Gameplay, Style und Story besser als jedes andere Wort. Erzählerisch begegnet uns der Exklusivtitel mit einer netten Idee: Erz-Superschurke Dr. Nefarious bekommt den sogenannten Dimensionator in seine Griffel. Eine Waffe, die es erlaubt, zwischen verschiedenen Dimensionen zu springen.

Natürlich geht schief, was schiefgehen muss (Danke auch Murphy!) und unser Helden-Duo landet getrennt in einer fremden Welt. Ratchet wacht in Nefarious City auf. Wie es der Name schon verrät, hat der Vollzeit-Bösewicht in dieser Dimension tatsächlich seine Pläne in die Tat umsetzen und sich zum Alleinherrscher krönen können. Clank trifft derweil auf Rivet. Ebenfalls Lombax, graues Fell, ähnlich gut drauf wie Ratchet. Mit vereinten Kräften soll nun also die Unrechtsherrschaft von Nefarious gestoppt werden.
Was Anfangs noch einen wilden Ritt durch die Welten verspricht, findet sich schon nach kürzester Zeit in monotoner Ernüchterung wieder. Insomniac macht einfach nichts aus den eigens geschaffenen Möglichkeiten. Der Sprung von Dimension zu Dimension findet so oft statt wie ein Geburtstag im Schaltjahr – das ist ernüchternd. Die Story plätschert nur so vor sich hin und ist innerhalb des Spiels eigentlich nur als Rampe für das Gameplay zu verstehen.

Das Gameplay kommt aber auch nicht aus den Puschen und fühlt sich an wie eine Rampe für die Story, die einen ähnlich hohen Stellenwert innerhalb der Spielzeit zugeschrieben bekommt. Man ist gefangen in einem Karussell der Belanglosigkeiten und wartet nur darauf, dass Mama das dudelnde Fahrgeschäft stoppt und einen Schoko-Apfel kauft. Den Absprung schafft Ratchet & Clank: Rift Apart aber einfach nicht. Die Story ist solide, aber auch schon nach dem nächsten Tastendruck vergessen.
Ratchet & Clank: Rift Apart im Test – Gameplay? Ganz okay...
Ähnlich solide wie die Story gibt sich das Gameplay. Ratchet & Clank: Rift Apart ist wie seine Vorgänger ein Jump’n’Shoot und macht daraus auch keinen Hehl. Zur Verfügung steht ein ordentliches Waffenarsenal, mit absurden Kreationen, die den Schergen von Dr. Nefarious den Gar ausmachen sollen. Da wäre zum Beispiel ein aufstellbarer Sprinkler, der Gegner versteinern und mit Pflanzen bewachsen lässt. Leider fehlt aber auch hier einfach eine ordentliche Portion Panache.

Gefühlt ist das alles schonmal da gewesen. Das ist alles solide und das macht auch alles Spaß – aber nur so viel wie gerade nötig, um Ratchet & Clank: Rift Apart auch noch einmal auf die PS5 zu bringen. Was bringt es das Waffenarsenal durch sammelbares Raritarium aufzurüsten, wenn das alles eh nur ganz okay ist? So kann man übrigens beliebig weitermachen: Sprungpassagen – ganz okay. Trefferfeedback – ganz okay. Gegnerdesign – ganz okay. Nichts glänzt mehr als es soll. Der Arzt versichert: Risiken und Nebenwirkungen, die gibt es nicht.
Optisch macht Ratchet & Clank: Rift Apart dafür immerhin einiges her. Da merkt man dann auch zum ersten Mal, dass man es hier wirklich mit einem Spiel der nächsten Generation zu tun hat. Eine gewaltige Weitsicht, kein Aufploppen und Partikeleffekte über Partikeleffekte über Partikeleffekte. Teilweise passiert in den Kämpfen mit Ratchet und Rivet – die übrigens knapp in der Hälfte der Missionen spielbar ist – so unglaublich viel, dass langsame Augen schon einmal den Überblick verlieren können.

Anders ist das bei den sehr spärlich gesäten Clank-Passagen, bei denen es wie immer darum geht, die grauen Zellen ein wenig zu bemühen. Zudem gibt es auch noch kleine Hacking-Missionen, in denen man als Wanze wie einst in Super Mario Galaxy an Wänden kraxeln kann. Aber auch hier die alte Leier: Diese Auflockerungen mögen ja ganz nett sein, Spielspaßgranaten sind es aber nicht – ganz okay halt.
Ratchet & Clank: Rift Apart im Test – Fazit zum PS5-Exklusivtitel

Ratchet & Clank: Rift Apart ist Schwiegermamas Liebling. Das Spiel hat durch und durch saubere Ärmel und keinerlei Dreck am Stecken. Gameplay, Story und Grafik sind wie geleckt und eigentlich kann man ihnen nicht wirklich etwas vorwerfen – zum Verlieben ist das aber nicht. Wenn etwas allen gefällt, ist das eigentlich kein Kompliment. Ratchet & Clank: Rift Apart ist ein durch und durch solides Spiel, geht aber keinerlei Risiken ein und wird dadurch ein Liebhaber unter vielen. Die DualSense-Fähigkeiten der PS5 werden leider bestenfalls angerissen, aber Neuzugang Rivet macht immerhin eine tolle Figur und technisch gibt es nichts zu meckern. Wer allerdings so ein zahnloses Match vor den Altar schleppt, der macht im Grunde nur die Mutti froh.
Pro | Contra |
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+ Rivet ist ein wundervoller Neuzugang | – Schnell vergessene Story ohne Höhepunkte |
+ PS5 zaubert wahre Grafikpracht auf den Bildschirm | – Verschiedenste Gameplay-Passagen alle nur solide |
+ Tolle Animationen | – lahme Einbindung der DualSense-Features |
+ Ladezeiten zwischen Welten nicht vorhanden | – Risikoloses Gesamtbild |
+ Gutes Wochenend-Spiel | |
+ PARTIKELEFFEKTE |
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