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Sekiro: Shadows Die Twice - From Softwares diabolisches Meisterwerk - Test

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christian Böttcher

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Sekiro: Shadows Die Twice ist das neueste Spiel von From Software, den Entwicklern, die zuvor mit der Souls-Reihe ein ganzes Genre neu definiert haben. Sekiro reiht sich in einige Traditionen der alten Spiele ein, ist in vielen Aspekten aber eine ganz andere Art von Bestie. In unserem Test erfahrt ihr, mit welchen Stärken und Schwächen sich das Shinobi-Abenteuer in Kampfhaltung begibt. [Git Gud 2.0][Fünf Finger für ein Hallelujah][Der Weg des Verstehens][Haltung ist alles][Block, basta!][Die japanische Taschenprothese][Verschenktes Talent][Aus den Schatten][RPG, ade!][Doppelt stirbt besser][Bambus, Burgen, Bildgewalt][Nicht ganz auf der Höhe][Fazit]

Git Gud 2.0

Dieser eine Bildschirm - er verfolgt mich bis in meine Träume. Hämisch grinst er vom Spülkasten herunter, sobald ich auf dem Klo hocke. Ich höre ihn kichern, während ich diesen Test schreibe. Selbst in der Bahn scheinen alle Anzeigen mit seiner verhängnisvollen Botschaft getauscht worden zu sein: "TOD" - in großen Lettern vor dem ausgegrauten Bild der Schande, das ich hinterlassen habe. Der Controller zittert in meiner Hand, als ich ihn zur Seite lege.

Notizen mache ich mir gern digital, meine Fehlversuche in Sekiro setze ich aber mit Bleistift auf ein weißes Blatt Papier. Wie das neue Spiel von From Software mich mit seinem zermürbenden Schwierigkeitsgrad foltert, so malträtiere ich den Zettel, auf dem inzwischen mehr als 300 Striche Platz finden - kein Ende in Sicht. Trotzdem gleitet der Controller wie von selbst zurück in meine Hände und ich wage einen weiteren Versuch. Nicht, weil ich es muss, sondern Sekiro: Shadows Die Twice wie kaum ein anderer Titel aus der Feder von Hidetaka Miyazaki das Verlangen in mir weckt, besser zu werden.

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Fünf Finger für ein Hallelujah

In dieser Hinsicht reiht sich das fernöstliche Abenteuer rund um den einarmigen Shinobi ohne Probleme in den Kosmos der From Software Spiele ein. Es ist genau so fordernd, verwinkelt und zeitweise frustrierend wie Demon's Souls, Bloodborne und Co. Das allerdings auf eine völlig andere Art und Weise. Fangen wir bei der Geschichte an, welche uns in die Tiefen der japanischen Kultur und Mythologie entführt. Diese beginnt - ganz untypisch für den Entwickler - dieses Mal nicht im Charakter-Editor, sondern präsentiert uns einen vollwertigen Hauptcharakter, den titelgebenden Sekiro. Vollwertig vor allem deshalb, weil er zu Beginn des Abenteuers noch mit zwei Armen in den Kampf zieht.

Das ändert sich jedoch schlagartig, als er von seinem Ziehvater losgeschickt wird, um einen kleinen Jungen zu beschützen, der das Schicksal der Welt für immer verändern soll. Natürlich lässt sich der Knirps, den alle nur "Göttlicher Erbe" nennen, nicht mir nichts, dir nichts retten. Stattdessen stellt sich euch der mächtige Ashina-Clan in Person von Genichiro Ashina entgegen, der unserem Helden kurzerhand den Arm abhackt und den Kurzen entführt. Als ehrenhafter Shinobi macht sich Sekiro natürlich an die Verfolgung und erkennt schon bald, dass er und der Junge mehr gemeinsam haben als zunächst gedacht.

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Der Weg des Verstehens

Klingt im ersten Moment abgeschmackt, entwickelt im Verlauf der Geschichte aber eine packende Dynamik, in der die Entwickler zeigen, dass sie auch abseits von Item-Beschreibungen erzählerisch einiges auf dem Kasten haben. Die Narrative in Sekiro ist sichtlich gerafft und etwas direkter gehalten, sodass auch ihr mehr davon versteht, was im feudalen Japan des 16. Jahrhunderts, in dem das Spiel stattfindet, eigentlich so passiert. Bedeutet allerdings auch, dass die Spielwelt etwas von ihrem mystischen Zauber verliert, denn ihr müsst euch das Story-Mosaik nun nicht mehr eigenhändig zusammenpuzzlen.

Im Grunde erzählt Sekiro: Shadows Die Twice eine recht simple Rachegeschichte, die allerdings tolle Charaktere und Setpieces auf sich vereint, bei denen Japan-Liebhabern garantiert das Herz aufgeht. Angefangen beim "einarmigen Wolf" (übersetzt: "Sekiro"), der recht wortkarg daherkommt, aber als erster Protagonist der jüngeren From Software-Geschichte überhaupt den Mund aufmachen darf. Das Resultat: Tiefe, röhrende Klänge aus dem Land der aufgehenden Sonne, denn die Sprachausgabe ist für den Westen komplett auf Japanisch verfügbar. Vom Intro bis zu einem der vier Enden haben wir 50 Stunden gebraucht, letztendlich hängt der Umfang aber stark davon ab, wie genau ihr spielt.

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Haltung ist alles

Beinahe jeder Charakter hat toll geschriebene Dialoge und Geschichten parat, wie z.B der griesgrämige Bildhauer, der ebenfalls einen Arm verloren hat und für die praktische Prothese am Stumpen von Sekiro verantwortlich ist. Er ist es auch, der uns nach dem blutigen Meet&Hieb mit dem Ashina-Clan verarztet und auf das raue Leben in der Spielwelt vorbereitet. Denn wie ein Einarmiger werdet auch ihr euch höchstwahrscheinlich fühlen, wenn ihr das erste Mal mit dem Gameplay des neuen From Software Titels konfrontiert seid. Sekiro weckt Erinnerungen an Bloodborne, spielt sich aber komplett anders.

Das liegt vor allem daran, dass es die Energieleiste, welche uns mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist, nicht mehr gibt. In der Theorie könntet ihr also beherzt Angriffe fahren, ohne Konsequenzen zu fürchten. Schnell stellt ihr jedoch fest, dass eure Schläge meist im Block des Feindes enden. Um das zu verhindern, gibt euch das Kampfsystem nun mehrere Möglichkeiten, Gegner über den Jordan zu schicken. Entweder ihr bringt ihr Leben auf Null oder treibt ihre Haltung auf das Maximum, was euch einen tödlichen Finisher ermöglicht. Die Haltungs-Mechanik ist neu in Sekiro und macht die Kämpfe erfrischend dynamisch.

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Block, basta!

Ihr habt weiterhin die Möglichkeit, gegnerischen Schlägen per Knopfdruck auszuweichen, diese mit eurem Katana zu blocken und mit dem richtigen Timing auch zu parieren. Allerdings nimmt das Parieren nun einen enorm hohen Stellenwert ein, wenn es darum geht, die Haltung des Gegners zu brechen. Immer wenn ihr erfolgreich pariert, also im richtigen Moment die L1-Taste hämmert, schnellt die Haltungsleiste des Gegners in die Höhe. Aber auch eure Schläge fügen der feindlichen Haltung langsam aber sicher Schaden zu. Ist der Balken voll, belohnt euch das Spiel mit einem sogenannten Todesschlag, der jeden Gegner sofort erledigt - selbst wenn er noch 80% seiner Lebenspunkte hat. Zögert ihr zu lange, erholt sich allerdings auch seine Haltung.

In Sekiro geht es also nicht darum, abzuwarten und auf die richtige Gelegenheit zu hoffen, sondern selbst die Initiative zu ergreifen. Das mag für Souls-Veteranen anfangs für Verwirrung und Frustration sorgen, entwickelt mit richtig viel Training und eisenharten Nerven aber schon bald einen solchen Sog, das sich jeder Kampf wie ein Tanz auf dem Drahtseil über einem Haifischbecken anfühlt - Knallhart, aber unglaublich spaßig! Die berühmt berüchtigte Souls-Gier greift hier also doppelt: Entweder, wenn der Boss nur noch einen Schlag vom Tod entfernt ist oder die Haltung einen Treffer vor dem Zusammenbruch. Um Sekiro zu meistern, müsst ihr eins werden mit eurem Katana - selbst wenn das anfangs enorm frustig ist. Habt ihr die Waffe wirklich gemeistert, fühlen sich die Kämpfe später aber so befriedigend an wie noch in keinem Spiel von Miyazaki zuvor. Allerdings gehört dazu mehr als nur das Spiel mit der Haltung.

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Die japanische Taschenprothese

Während ihr nämlich die Leiste des Gegners im Auge behaltet, setzt euch der Feind permanent mit überraschenden Manövern zu. Die meisten Angriffe könnt ihr problemlos blocken bzw. parieren, doch Griffe, Stöße und tiefe Schwinger müsst ihr auf andere Art umgehen. Hier kommt das Ausweichen ins Spiel. Griffe kontert ihr am besten mit einer schnellen Rolle zur Seite, Schwinger erfordern von euch, dass ihr kurz in die Luft springt - das geht in Sekiro nämlich auch. All diese Moves sind essentieller Bestandteil des Spiels und bitter nötig, um die extrem skill-lastigen Bosskämpfe zu bestehen. "Git Gud!" gilt für Sekiro also deutlich mehr als noch in der Souls-Reihe, denn auf andere Waffen und Rüstungen könnt ihr euch nun nicht mehr verlassen.

Als Ninja unter den Einarmigen verfügt der gute Sekiro jedoch über eine Allzweckwaffe, die sein Leben enorm vereinfacht: Seine Prothese. Verschiedene Aufsätze für den mechanischen Arm kommen dem am nächsten, was zuvor die breite Auswahl an Waffen erledigt habt: Sie sorgen für spielerische Abwechslung. Im Laufe seiner Reise stößt der einarmige Wolf immer wieder auf neue Upgrades, die der Bildhauer ihm kurzerhand an die kurze Hand schraubt. Mit einer massiven Axt zerstört ihr feindliche Schilde, Feuerwerkskörper vertreiben die bissige Tierwelt, Shuriken unterbrechen Angriffe aus der Ferne und und und. Besonders praktisch: Ihr könnt jederzeit zwischen drei Aufsätzen hin- und herschalten.

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Verschenktes Talent

Obendrein verdient ihr für jeden toten Gegner Erfahrungspunkte und Geld, das ihr in neue Fertigkeiten oder Verbesserungen der Prothese stecken könnt. Die Skillbäume in Sekiro gehören allerdings zu den kleinen Enttäuschungen des Spiels. Neben etlichen passiven Talenten schaltet ihr eine ganze Reihe Spezialangriffe frei, von denen ihr allerdings nur einen pro Zeit ausrüsten könnt. Die Moves selbst sind interessant gestaltet, einige Fähigkeiten unserer Meinung nach aber deutlich stärker als andere - und das obwohl wir sie schon wesentlich früher freischalten können als die ultimativen Skills in den vier Talentbäumen. Gleiches gilt für die Prothesen. Nur eine "Handvoll" davon sind dauerhaft zu gebrauchen.

Zwar lassen sich die Skills jederzeit austauschen, weil Sekiro endlich über eine längst überfällige Pausenfunktion verfügt, für unseren Geschmack sind die Skills jedoch einen Hauch zu situativ einsetzbar. Zwiegespalten sind wir auch in puncto Fortschritts-System. Bei jedem Tod verliert ihr nämlich die Hälfte eurer Erfahrungspunkte und Sen (Die Währung in Sekiro). Die Möglichkeit, verlorene XP und Kohle zurückzuholen, gibt es nicht.

Allerdings besteht eine kleine Chance, dass euch beim Neustart am nächsten Schrein "Göttliche Hilfe" gewährt wird und ihr nichts verliert. Diese hängt allerdings davon ab, wie oft ihr in letzter Zeit gestorben seid, denn geht ihr regelmäßig drauf, breitet sich die Drachenfäule unter den NPCs der Welt aus. Erst wenn ihr teuer dafür bezahlt und sie heilt, steigt auch eure Chance auf Göttliche Hilfe wieder an. Leider funktioniert das System im ersten Spieldurchlauf nur bruchstückhaft, weil Sekiro mit seinen Minibossen nicht gerade sparsam umgeht und ihr in der Regel mehr als zwei Versuche braucht, um an ihnen vorbeizukommen. Die Konsequenz: Ihr verliert so oder so jeden letzten Sen(t).

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Aus den Schatten

Um bare Münze zu sparen, gibt euch das Shinobi-Abenteuer jedoch zwei nützliche Alternativen an die Hand: Schleichen und den Greifhaken. In der Souls-Reihe konntet ihr euch vorsichtig an Gegner heranpirschen und mit einem Backstab ordentlich Schaden austeilen. Das klappt auch in Sekiro, allerdings wesentlich zuverlässiger. Die Schleich-Mechanik erinnert dabei stark an die von Assassin's Creed Black Flag, denn durch Büsche nähert ihr euch Gegnern, um diese mit einem Knopfdruck auszuschalten. Erwischen sie euch dabei, wird Alarm geschlagen und die Hölle bricht los. Grundsätzlich ist Stealth aber eine gern gesehene Abwechslung und eröffnet außerdem ein Leveldesign mit mehr Komplexität. Greift ihr aus den Schatten an, spürt man, dass auch die Tenchu-Reihe Modell gestanden hat.

Auf die Spitze treibt das Ganze aber der brandneue Greifhaken. Aktuell ein absoluter Dauerbrenner, hat er es auch ins Inventar von Sekiro geschafft - und das sehr zu unserer Freude. Schließlich erlaubt das beschwingte Von-Baum-zu-Baum-Hopsen nicht nur mehr Möglichkeiten, sich ungesehen von Gegner zu Gegner zu meucheln, sondern auch Gebiete, die durch wesentlich mehr Vertikalität glänzen. Berge sind nun nicht mehr bloße Kulisse, sondern Teil der Levelarchitektur. Abgründe, Klippen und Unterwasser-Abschnitte (Ja, Sekiro kann sogar schwimmen) bringen mächtig Schwung in das Spiel und sorgen einmal mehr dafür, dass sich Sekiro wohl mehr im Bereich der Action-Spiele als klassischer RPGs verorten lässt.

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RPG, ade!

Ein Grund dafür: Rollenspiel-Elemente schraubt die Schwertorgie radikal zurück. Werte wie Geschicklichkeit, Stärke oder Intelligenz sucht ihr hier vergeblich. Die einzige Möglichkeit, euren Charakter wirklich stärker zu machen, liegt darin, Bosse zu legen und Gebetsperlen zu sammeln. Die Perlen bekommt ihr allerdings nur bei - ihr ahnt es - Minibossen. Mit ihnen steigert ihr eure Lebensenergie und Haltung, während ihr von Endbossen Gegenstände erhaltet, die eure Angriffskraft boosten. Es gibt sie also durchaus, die RPG-Einflüsse in Sekiro, wer allerdings 100 verschiedene Builds ausprobieren will, dürfte eine herbe Enttäuschung erleben. Am Katana führt in Sekiro kein Weg vorbei.

Genauso wenig wie an einigen Bossen, die ihr erledigen müsst, um im Spiel weiter voranzuschreiten - und das ohne Sicherheitsnetz und doppelten Boden. Bosse outleveln ist nur sehr begrenzt möglich und cheesen lassen sich nur die wenigsten von ihnen. Es geht ausschließlich um euch und eure Fähigkeiten am Pad. In die selbe Kerbe schlägt auch der Multiplayer in Sekiro - es gibt nämlich schlichtweg keinen. Schade eigentlich, denn die Skill-basierten Duelle bieten enorm viel Potenzial für nervenzerfetzende Fights gegen echte Kontrahenten. Außerdem fallen damit auch Hilfestellungen durch andere Spieler weg, was bei einigen durchaus für noch mehr Frust sorgen könnte. Warum sich From Software gegen Online-Funktionen entschieden hat, können wir kaum nachvollziehen.

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Doppelt stirbt besser

Wie ihr wahrscheinlich schon bemerkt habt: Der Tod findet sich nicht nur im Titel des wieder, sondern ist integraler Bestandteil des Spiels. Einerseits, weil Sekiro: Shadows Die Twice die wohl bis dato schwerste Ausgeburt von From Software ist, andererseits, weil Wiedergeburt und ewiges Leben zentrale Motive in Geschichte und Gameplay darstellen. Der einarmige Wolf leidet nämlich unter einem Fluch, der ihn nach dem Tod prompt wieder zurück ins Leben holt. Für den Spieler heißt das, ihr könnt einmal sterben und nach ein paar Sekunden an Ort und Stelle wieder aufstehen und weiterkämpfen, sofern ihr genug Auferstehungsmacht angesammelt habt.

Diese generiert sich über Zeit oder wenn ihr Gegnern mit einem Finisher erledigt. Nützlich ist das vor allem dann, wenn halb Japan hinter euch her ist und ihr eine Verschnaufpause braucht. Liegt ihr am Boden, kehren NPCs nämlich brav zu ihrem Tagesablauf zurück und ihr könnt einen neuen Anlauf wagen. Allerdings ist Sekiro nicht das einzige Stehaufmännchen des Spiels. Auch Minibosse und Bosse müsst ihr in der Regel mehrfach umnieten, bis sie ihren Loot hergeben. Das macht nicht nur klar ersichtlich, in welcher Phase sie sich gerade befinden, sondern sorgt dafür, dass die Haltung noch mehr in den Vordergrund rückt - Die Synergie zwischen Story und Gameplay funktioniert schlicht perfekt!

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Bambus, Burgen, Bildgewalt

Perfekt hinbekommen hat From Software in der Vergangenheit auch die Spielwelt, durch die wir uns metzeln. Und was sollen wir groß drum herumreden? Die Welt von Sekiro ist traumhaft, abstrakt, mystisch und bedrohlich zugleich. In insgesamt neun Gebieten erwarten euch verschneite Täler, wildwuchernde Bambuswälder, pompöse Burgen und noch so, so viel mehr. Vom tiefsten Grab bis zum höchsten Himmel spürt man die Liebe, welche in das feudale Japan geflossen ist. Inspiration war jedoch nicht nur die Historie des Landes, sondern auch das mythologische Fundament der uralten Insel. Dementsprechend sagenhaft und unwirklich erscheinen einige der Level, durch die wir streifen. Allerdings müssen wir auch sagen, dass Sekiro nur selten die ganz großen WOW-Momente auspackt, die wir aus der Souls-Reihe kennen.

Nur in zwei bis drei Situationen bleibt uns die Luft weg, wenn sich plötzlich die Welt öffnet und wir über ein unerforschtes Gebiet blicken. Das Shinobi-Epos ist thematisch und optisch etwas enger, geschlossener als wir es gewohnt sind und nimmt seine Spielwelt und Figuren ernst. Heißt jedoch nicht, dass Gebiete und Gegner langweilig sind - nur etwas mehr mit dem historischen Fundament verwurzelt. Die Verbindung zwischen den Leveln gelingt aber auch hier wieder hervorragend. Gigantische Bestien, Drachen und andere Kreaturen in Hochhausgröße sind die Ausnahme, nicht die Regel, aber gerade deswegen umso wirkungsvoller. Stattdessen spielt Sekiro die meiste Zeit mit seiner Duell-Ästhetik, wenn wir gegen alle Arten von wuchtigen Samurai antreten.

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Nicht ganz auf der Höhe

Da Timing in diesen Fights eine nicht unwichtige Rolle einnimmt, ist es natürlich doppelt wichtig, dass die Performance hält. Wir haben Sekiro: Shadows Die Twice auf der PS4 Pro getestet und können von keinerlei Problemen berichten. Die versprochenen 60 Bilder pro Sekunde bleiben jederzeit auf Linie, Bugs, Glitches und Fehler konnten wir nur in den allerseltensten Fällen beobachten. Auch die Ladezeiten halten sich in Grenzen und stellen mit durchschnittlich 8 Sekunden keinerlei störendes Element dar. Schade nur, dass wir gelegentlich regungslos vor dem Gegner stehen, nachdem sich unsere beiden Schläge in einem bestimmten Winkel treffen - kein reines Performance-Problem, aber ein störendes, wenn auch urkomisches, Vorkommnis.

Auch grafisch folgt Sekiro alten From Software Traditionen, denn die Optik des Spiels hinkt dem aktuellen Standard einen Ausfallschritt hinterher. Die Texturen könnten etwas knackiger sein und auch die Skyboxen dürften gern etwas vielseitiger ausfallen. Viele dieser kleinen Unschönheiten macht das Spiel jedoch mit Lichteffekten, großartigen Animationen und cleverem World-Building wett, das unseren Blick immer wieder in die Ferne schweifen lässt. Das Sounddesign ist allerdings über jeden Zweifel erhaben. Jedes erfolgreiche Parieren quittiert das Spiel mit einem saftigen Ton und die Musik in den Bosskämpfen kann sich wie üblich hören lassen.

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Pros

Cons

Fazit

Sekiro: Shadows Die Twice ist ein Spiel gewordener Flächenbrand, der mit jedem Schwerthieb neu aufflammt. Am kokelnden Rand konservativ, im fackelnden Zentrum über die Maßen revolutionär, zieht das neue Meisterwerk von From Software eine ganz klare Trennlinie zu seinen Vorgängern und schnappt sich den Titel des wohl schwersten, vielleicht sogar besten Spiels aus der Feder von Miyazaki-San. Das Kampfsystem, gleichsam fordernd wie fair, ist schlichtweg eine Offenbarung, die jedes Duell zu einem ekstatischen Wirbel aus Hieben, Sprüngen und Paraden macht, der euch minutenlang an den Controller fesselt. Das jedoch zu einem Preis, denn ihr müsst ohne rettendes Sicherheitsnetz in Form von RPG-Elementen auskommen. Habt ihr die Lernkurve so steil wie die Hänge des Mt. Fuji aber erst erklommen, belohnt euch das Spiel mit atemberaubenden Einblicken in die japanische Kultur und Mythologie und das ewig währende Schriftzeichen für "TOD" gerät schnell in Vergessenheit. Wer bereit ist, seine Hand und Geduld ins Feuer zu legen, bekommt hier schon im März eines der lodernden Action-Highlights des Jahres.

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